Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) hat jeden Einzelnen zum Widerstand gegen zunehmenden Rassismus, Rechtsradikalismus und Antisemitismus aufgerufen. «Die Demokratie braucht Demokraten», sagte Sieling am Mittwochabend vor etwa 5.000 Menschen, die unter dem Motto «Bremen zeigt Gesicht» auf dem Marktplatz der Hansestadt für eine offene, freie und solidarische Gesellschaft demonstrierten. Die Demokratie werde nicht allein von den geistigen Brandstiftern und Gewalttätern bedroht, erklärte Bremens Regierungschef: «Die tiefere Bedrohung kommt vom Wegschauen, vom Nichternstnehmen, von der Gleichgültigkeit.»
   
Der DGB hatte zum Demonstrationszug durch die Bremer Innenstadt und zu einer abschließenden Kundgebung aufgerufen, unterstützt von den Unternehmensverbänden. Sieling mahnte vor den Teilnehmern, die politischen und moralischen Maßstäbe hätten sich weltweit und auch in Europa rasant in Richtung Menschenfeindlichkeit verschoben. «Deshalb müssen wir gemeinsam für ein politisches, geistiges und kulturelles Klima eintreten, das die Würde eines jeden Menschen in den Mittelpunkt stellt.»
   
Isolation und Nationalismus seien in dieser Situation Irrwege. Der erste Satz des deutschen Grundgesetzes «Die Würde des Menschen ist unantastbar» sei gleichzeitig Einladung und Verpflichtung, denn: «Solidarität üben kann jede und jeder.»
   
Auch Bremens evangelische Kirchenpräsidentin Edda Bosse rief den Demonstranten zu, «alle miteinander» müssten für eine offene, freie und solidarische Gesellschaft arbeiten – «täglich und unermüdlich». Es komme darauf an, die Augen zu öffnen: «Für diejenigen, die uns brauchen, weil ihnen Freiheit und Würde genommen wurden, weil sie ausgegrenzt werden oder unter Herrschaftszwängen leiden.»
   
Dies gelinge nicht mit Parolen und Geschrei, sondern im respektvollen und generationenübergreifenden Gespräch, das die Vielfalt stütze: «Erst der Ideenreichtum und die individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten jedes und jeder Einzelnen stärken und beleben unsere Stadt.» Hubertus Hess-Grunewald, Präsident des Bundesliga-Fußballclubs Werder Bremen, sagte, auch sein Verein müsse den Mund aufmachen «wenn wir Rassismus und Nationalismus beobachten». Bei Grundwerten wie der Menschenwürde dürften keine Kompromisse gemacht werden.
   
Barbara Heller vom Bremer Friedensforum warnte vor Rüstung, Kriegen und sozialer Ungerechtigkeit, die nach ihren Worten den Rechtspopulisten den Weg ebneten. Schon im Vorfeld hatte Bremens DGB-Vorsitzende Annette Düring gesagt, gerade in diesen Zeiten sei es elementar, sich klar zu Solidarität und Toleranz zu bekennen.
   
Eine ähnliche Kundgebung hatte es bereits im Januar 2015 auf dem Bremer Marktplatz gegeben, damals allerdings auf breiterer Basis. Mehr als 50 Organisationen hatten vor knapp vier Jahren dazu aufgerufen, etwa 7.000 Menschen waren unter dem Motto «Bremen ist bunt! Wir leben Vielfalt» bei Nieselregen auf den Marktplatz gekommen.

epd
Source: Kirche-Oldenburg