Bremen (epd). Der Gründer der Bremer Initiative «Tu was. Zeig Zivilcourage», Norbert Kuntze, beobachtet eine grundsätzliche Entsolidarisierung in der Gesellschaft. «Die Konflikte nehmen zu, die Auseinandersetzungen verschärfen sich auf allen gesellschaftlichen Ebenen», sagte Kuntze dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer», gab der Publizist und Radiomoderator ein Beispiel. Viele Menschen empfänden erst Empathie, wenn sie selbst betroffen seien. Andere seien mit sich selber beschäftigt, hätten eigene Sorgen, wenig Zeit und keinen Blick für ihr Umfeld.

«Was unserer Gesellschaft fehlt, ist, dass sozialer Mut belohnt wird», sagte Kuntze, der sich ehrenamtlich unter anderem als Fußballtrainer bei E-Junioren engagiert. «Dass es sich lohnt, sich für den Mitschüler einzusetzen, sich gegen Mobbing am Arbeitsplatz zu stellen, beim Sport respektvoll mit dem Gegner umzugehen, sich auf die Seite von Bedürftigen zu schlagen.» Der Lohn dafür müsse Anerkennung sein und nicht das Stigma des Querulanten. «Anerkennung brauchen wir genauso wie Brot und Wasser.»

Mit Blick auf Notsituationen sei das Verhalten von Menschen häufig widersprüchlich und schwer nachvollziehbar. «Ein Beispiel: Warum greift jemand zu seinem Handy, wenn er einen schweren Verkehrsunfall beobachtet und filmt die Situation? Warum nutzt er nicht das Gerät, das er ohnehin in der Hand hält, um einen Krankenwagen zu rufen?» Wenn das Unfallopfer allerdings ein Angehöriger sei, werde das Handy garantiert genutzt, um Hilfe zu rufen.

Zivilcourage lässt sich lernen, ist Kuntze überzeugt. In Seminaren werde das Verhalten in Notsituationen trainiert, ohne sich dabei selber in Gefahr zu bringen. Wichtig sei, zunächst einmal die Situation richtig einzuschätzen und genau hinzuschauen. «Diese richtige Einschätzung ist Grundlage jeglichen weiteren Handelns. So lässt sich zum Beispiel auch das richtige Maß des Einschreitens festlegen.»

Allerdings könnten Seminare nur an vorhandenes Wissen anknüpfen und an die Einsicht appellieren. Eine Sensibilisierung in dieser Hinsicht beginne im Kindesalter. Empathie und Hilfsbereitschaft seien Grundsäulen der Zivilcourage und einer demokratischen und solidarischen Gesellschaft, betonte Kuntze und fügte hinzu: «Zivilcourage kann am besten, grundlegend und nachhaltig im frühen Alter vermittelt werden.»

Kuntze hat 2011 die Bremer Initiative «Tu was! Zeig Zivilcourage» ins Leben gerufen. Zu den Gründungsmitgliedern gehören die Polizei in der Hansestadt, die Bremer Straßenbahn AG und die Bremische Evangelische Kirche. In Fortbildungen, Diskussionen und Mitmachaktionen informiert «Tu was!» seither über das richtige Verhalten, wenn Zivilcourage gefragt ist.
Source: Kirche-Oldenburg