Wilhelmshaven/Hannover (epd). Das in Wilhelmshaven zum Import von Flüssigerdgas (LNG) eingesetzte Verfahren der Dauerchlorierung entspricht nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nicht dem Stand der Technik und setzt zudem die lokale Fischerei und die Gesundheit von Mensch und Natur vor Ort aufs Spiel. Ein in ihrem Auftrag erstelltes Gutachten des Labors für limnische, marine Forschung und vergleichende Pathologie (LimnoMar) zeige zudem, dass der kontinuierliche Einsatz der Elektrochlorierung in Konflikt mit deutscher und europäischer Gesetzgebung stehe und auf EU-Ebene gar nicht zugelassen sei, teilte die DUH am Donnerstag mit. Das Niedersächsische Umweltministerium wies die Vorwürfe zurück.

 

Die DUH forderte den dem Umweltministerium unterstellten Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) auf, die Genehmigung für die Einleitung von Chlor zurückzunehmen und eine Nachrüstung des Terminalschiffs «Höegh Esperanza» anzuordnen. Bleibe der NLWKN untätig, werde die DUH auf Grundlage des Gutachtens weitere rechtliche Schritte in die Wege leiten.

 

«In Wilhelmshaven wird Schnelligkeit weiter über Sicherheit und Umweltschutz gestellt», kritisierte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Obwohl es seit mehr als 20 Jahren nicht mehr empfohlen werde, arbeite die «Höegh Esperanza» weiter mit der umweltschädlichen Elektrochlorierung im Dauerbetrieb. Dass die Verwendung anderer, umweltverträglicherer Methoden hier nicht einmal geprüft worden sei, bezeichnete Müller-Kraenner als «ein großes Versäumnis der Genehmigungsbehörden». Stattdessen sei die jährliche Einleitung dutzender Tonnen Chlor sogar unbefristet genehmigt worden.

 

Das Terminalschiff «Höegh Esperanza» setzt der DUH zufolge das Verfahren zur Elektrochlorierung ein, um aus dem Meerwasser Chlor zu gewinnen und damit den Bewuchs von Rohrleitungen mit Seepocken oder Muscheln zu verhindern. Das Meerwasser werde eingesetzt, um mit seiner Temperatur das -160 Grad kalte Flüssigerdgas aufzuwärmen und damit in einen gasförmigen Zustand zu bringen. Das mit Chlor versetzte Meerwasser werde danach wieder in das Meer eingeleitet.

 

Ein Sprecher des Niedersächsischen Umweltministeriums sagte auf Anfrage des Evangelischen Pressdienstes (epd): «Weder dem NLWKN noch uns lag das von der DUH angeführte Gutachten bisher vor.» Die von der DUH aufgestellte Behauptung, wonach die in Wilhelmshaven betriebene kontinuierliche Elektrochlorierung nicht als «Stand der Technik» bezeichnet werde, sei «daher für uns nicht nachvollziehbar».

 

Die Betriebsgenehmigung des neuen LNG-Terminals sei auf 2043 befristet, weil dies im vom Bundestag beschlossenen LNG-Gesetz so vorgesehen sei, sagte der Ministeriumssprecher weiter. Daran seien auch die niedersächsischen Genehmigungsbehörden gebunden, auch wenn Niedersachsen ehrgeizigere Klimaziele habe und sich eine frühere Befristung gewünscht hätte. «Klar ist aber für uns auch: Je schneller wir den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Energieeinsparung von fossilen Energien schaffen, desto eher können wir auch aus Klimaschutzgründen auf den Import fossiler Gase verzichten.»

 

Die beiden schwimmenden Terminals in Wilhelmshaven und Stade seien nur für fünf bzw. zehn Jahre gechartert. Wenn das in Wilhelmshaven für 2026/2027 geplante feste Landterminal für grünes LNG fertig sei, würden die schwimmenden Regasifizierungsstationen nicht mehr gebraucht. Auch sei bei Landterminals die Chlorreinigung nicht notwendig. Einer Klage der DUH gegen die Biozideinleitungen sehe das Ministerium auch darum gelassen entgegen, weil nach intensiver Prüfung der Umweltbehörden die Grenzwerte zum Teil deutlich unterschritten würden.

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Umwelthilfe kritisiert Dauerchlorierung im LNG-Terminal Wilhelmshaven