Braunschweig/Berlin (epd). Verbände dringen auf eine Einigung innerhalb der Ampel-Koalition bei der Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung. «Wenn die Familienleistungen alle Berechtigten erreichen sollen, geht das nicht zum Nulltarif», sagte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). Derzeit sei das nur bei einem Bruchteil der Berechtigten der Fall. Auch das Deutsche Kinderhilfswerk und der Deutsche Kinderschutzbund pochten auf die Einführung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Leistung für Kinder und Jugendliche.

 

Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 ausgezahlt werden und bisherige Familienleistungen bündeln. Zugleich sollen Zugangshürden für Familien abgebaut werden. Umstritten ist in der Ampel-Koalition, ob mit der neuen Leistung für Kinder auch eine Erhöhung der Leistungen einhergehen soll. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag), er rechne mit zusätzlichen Mittel aus dem Bundeshaushalt «in einstelliger Milliardenhöhe» für die Kindergrundsicherung.

 

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) veranschlagt indes Kosten von zwölf Milliarden Euro. «Wir haben den Bedarf dafür berechnet, da kann man nicht beliebig kürzen», sagte sie dem «Tagesspiegel» (Sonntag). Sie warf Lindner mit Blick auf FDP-Forderungen nach Steuersenkungen eine falsche Prioritätensetzung vor.

 

Der «Welt am Sonntag» sagte Paus, die Kindergrundsicherung sei «das wichtigste sozialpolitische Vorhaben dieser Regierung». Im Koalitionsvertrag sei festgeschrieben, diese einzuführen: «Daran wird sich die Koalition messen lassen müssen», unterstrich die Ministerin. Jeder Cent im Kampf gegen Kinderarmut sei «eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft», sagte die Grünen-Politikerin.

 

Lindner äußerte sich indes zurückhaltend zu Plänen von Paus, auch die individuellen Leistungen für arme Kinder zu erhöhen. Es sei in der Koalition unstrittig, dass es ein einfaches, digitales Verfahren geben solle, damit Familien das erhielten, was ihnen zustehe, sagte er der Funke Mediengruppe (Samstag). Zugleich betonte er: «Nur auf Geldzahlungen zu setzen, wäre falsch.» In manchen Fällen komme die Hilfe nie bei den Kindern an, sondern bleibe beim Familienoberhaupt.

 

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagte der «Welt am Sonntag»: «Einen fairen, sozialen Staat der verlässlichen Daseinsvorsorge gibt es nicht für lau.» Zwar seien Kindergeld und Kinderzuschlag zum Jahresanfang bereits massiv erhöht worden. Der Kinderzuschlag erreiche derzeit aber nur 35 Prozent der eigentlich Berechtigten.

 

Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa forderte die Ampel-Koalition auf, bei der Kabinettsklausur in Meseberg die Finanzierung der Kindergrundsicherung zu klären. «Wenn die Regierung mit einem Garantiebetrag und sozial gestaffelten Zuschlägen unbürokratisch junge Familien erreichen will, muss dafür Geld im Bundeshaushalt bereitgestellt werden», unterstrich die Caritas-Präsidentin.

 

Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, warnte vor einer «Mogelpackung» bei der Kindergrundsicherung. Die Höhe der Leistung müsse das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben von Kindern und Jugendlichen abdecken, sagte Krüger der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag): «Das wird mehr Geld kosten als bisher.»

 

Auch der Deutsche Kinderschutzbund pochte auf Fortschritte bei der Kindergrundsicherung. «Mein Verständnis für die Hinhaltetaktik einiger Minister innerhalb der Koalition ist allmählich erschöpft», sagte Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten» (Samstag).

Kirche-Oldenburg
Verbände dringen auf Einigung bei Kindergrundsicherung – Paus: «Das wichtigste sozialpolitische Vorhaben dieser Regierung»