2019 hatte sich der evangelische Pastor Olaf Latzel abfällig über Gender und Homosexuelle geäußert. Seit Jahren muss er sich deshalb vor Gericht wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung verantworten, ein zwischenzeitlicher Freispruch ist aufgehoben.
Bremen (epd). Das Verfahren gegen den Bremer Pastor Olaf Latzel wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung muss neu aufgerollt werden. Das Oberlandesgericht (OLG) der Hansestadt gab der Revision der Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch Latzels am Donnerstag statt. Das Urteil sei lückenhaft, kritisierte der Vorsitzende Richter Klaus-Dieter Schromeck. Mit der Entscheidung geht das Verfahren zurück an das Landgericht und muss dort von einer anderen Berufungskammer neu aufgenommen werden. (Az.: 1Ss48/22)
Der heute 55-jährige Seelsorger der evangelikalen Bremer St.-Martini-Gemeinde hatte sich in einer «biblischen Fahrschule zur Ehe» im Oktober 2019 abfällig über Gender und Homosexuelle geäußert. Das Bremer Amtsgericht wertete das als Volksverhetzung und verurteilte ihn im November 2020 zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro. Das Landgericht hingegen sprach den evangelischen Theologen am 20. Mai des vergangenen Jahres in einem Berufungsverfahren frei. Es sah seine Worte von der Religions- und Meinungsfreiheit gedeckt.
In der Verhandlung vor dem OLG kritisierte der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft, Florian Maaß, der Freispruch sei nicht ausreichend begründet, weil das Eheseminar im Urteil nicht vollständig wiedergegeben sei. Zum Verständnis dessen, was Latzel gesagt habe, müssten Gedankengänge und Überleitungen nachvollziehbar sein. Das sei nur lückenhaft möglich.
Die Richter des OLG schlossen sich dieser Einschätzung an. Die Feststellungen des Landgerichtes trügen den Freispruch nicht, kritisierte Schromeck. Der Kontext der Äußerungen Latzels sei in der Begründung der Kammer manchmal nur zusammenfassend, manchmal gar nicht mitgeteilt. Richter Schromeck ergänzte mit Blick auf die Grundrechte, dass die Menschenwürde die Religionsfreiheit beschränke. Natürlich könne man sich kritisch zur Homosexualität äußern, dann aber komme es auf Form und Wortwahl an.
Vor etwa 30 Ehepaaren hatte Latzel gesagt, Homosexualität sei eine «Degenerationsform von Gesellschaft». Er warnte vor einer «Homolobby». Und auch: «Überall laufen diese Verbrecher rum von diesem Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist zutiefst teuflisch und satanisch.» Eine Tonaufnahme davon war Mitte März 2020 mit Zustimmung des Pastors auf dem reichweitenstarken Youtube-Kanal des Theologen veröffentlicht worden, der damals knapp 15.000 Abonnenten hatte.
Latzels Verteidiger Sascha Böttner zeigte sich enttäuscht vom Urteil des OLG. Das Landgericht habe mit dem Freispruch die entscheidenden Passagen aus der Anklageschrift gewürdigt. Die Urteilsbegründung könne kein Wortlautprotokoll der Hauptverhandlung sein.
Das Revisionsverfahren ist gesetzlich beschränkt auf die Prüfung von Rechtsverletzungen, eine Beweisaufnahme gab es deshalb in der knapp 90-minütigen Sitzung des OLG am Donnerstag nicht. Den Vorschlag von Schromeck, das Verfahren gegen Latzel auch aufgrund der langen Laufzeit von knapp drei Jahren und mit Blick auf den Rechtsfrieden gegen Auflage einzustellen, lehnte der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft ab.
Latzel ist seit Dezember 2007 Pastor der Bremischen Evangelischen Kirche, die aufgrund seiner Äußerungen im Oktober 2019 ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet hat, das allerdings momentan ruht. Sobald ein rechtskräftiges Urteil feststehe, werde das Disziplinarverfahren wieder aufgenommen, sagte Kirchensprecherin Sabine Hatscher. Der dann mögliche Strafrahmen hänge direkt vom finalen Urteil ab, das die Kirchenleitung auf der Basis der schriftlichen Urteilsbegründung prüfen und bewerten werde.
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Verfahren gegen Bremer Pastor wegen Volksverhetzung geht weiter