Auf 25 großen Schautafeln werden derzeit in der Nordenhamer Paulus-Kirche im Pfarrbezirk Friedrich-August-Hütte, zugehörig zur Kirchengemeinde Blexen, eindrucksvolle Fotos und informative Texte zum Thema „Historische Kirchen in Marsch und Moor – in der Siellandschaft Wesermarsch und im Land der Friesen“ gezeigt. Großformatige Frontansichten von Altären des Hamburger Holzschnitzmeisters und Bildhauers Ludwig Münstermann aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hängen zum direkten Vergleich nebeneinander. Die Ausstellung gibt einen Überblick über die sakralen Werke Münstermanns aus verschiedenen Kirchen und Schaffensperioden.
Dazu zählen auch Bilder von Kanzeln und Epitaphen. Die Ausstellung geht noch bis zum 6. Oktober und ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Auch Führungen für Kirchengemeinden und andere Gruppen können nach telefonischer Vereinbarung gebucht werden. Informationen für die Buchung dieser Wanderausstellung gibt Initiator Pfarrer i.R. Frank Klimmeck unter: 04732/183930. Die Trägerschaft obliegt bei der Kirche&Kunst der Kirchengemeinde Rodenkirchen.
Pastorin Anke Claßen sprach bei ihrer Begrüßung am Sonntag, 18. September, während des Gottesdienstes von einem schönen Kontrast zwischen den historischen Darstellungen und der erst vor 50 Jahren gegründeten noch jungen Pauluskirche. Hier beginnt die Wanderausstellung genau eine Woche nach deren Jubiläumsfeier. Sie solle den Gläubigen das kulturelle und historische Interesse vermitteln, erklärte Claßen. Nicht nur von der Kanzel werde das Wort Gottes gepredigt, die dargestellten Altäre vermittelten die bildliche Darstellung des Gehörten. „Münstermanns Werke erzählen zentral von Ostern, dem höchsten christlichen Fest. Sie zeigen den Sieg von Jesus Christus über Tod und Leid“, so Claßen.
Altäre im direkten Vergleich
Anschaulich präsentiert werden die Altäre der Kirchen in Hohenkirchen, Varel (beide Landkreis Friesland), Schwei, Berne, Rodenkirchen, Eckwarden, Tossens, Langwarden und Blexen (alle Landkreis Wesermarsch). Es lassen sich die typischen Biblischen Szenen genauso erkennen wie Unterschiede in der Ausgestaltung und Materialwahl, die oftmals durch die Auftraggeber bestimmt wurden. Im Zentrum der Altäre steht die Abendmahlszene, durch ihre dreidimensionale Gestaltung in die Tiefe führend. Die Figuren Münstermanns sind sehr bildnerisch dargestellt, im Stile des Manierismus verfasst und die Szenerie besticht durch eine ausgefeilte Lichtkomposition mit oftmals durchscheinenden Elementen.
Die Abendmahlszenen werden umgeben von Szenen aus der Heilsgeschichte Jesu, die in der Spitze in der Kreuzigung münden. Gerade die Kreuzigungsszene ist oftmals filigran und fragil gearbeitet und wird durch das Licht der dahinter befindlichen Fenster geradezu überstrahlt. Darüber befindet sich oftmals eine Darstellung des Auferstandenen mit der Osterfahne. Beispielhaft wurden die Moorkirche in Bardenfleth und die Marschkirche in Blexen genauer unter die Lupe genommen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Wort und Bild herausgearbeitet. Zu den Sakralbildern kommen historische Karten über das Gesamtgebiet Jadebusen mit seinen Landveränderungen durch zahlreiche Überflutungen im Laufe der Jahrhunderte.
Offenes Projekt wartet auf weitere Ideen
Bereits 2010 wurden erste Ideen zu einer Wanderausstellung mit kulturhistorischen Schätzen von Michael Remmers und Kunstmoderator Frank Klimmeck geschmiedet. Es dauerte jedoch etliche Jahre, bis die umfangreiche Aufgabe in die Tat umgesetzt werden und genügend Förderer und Sponsoren gefunden werden konnten. Gerade Dank der energischen und unermüdlichen Arbeit von Klimmeck, der nie das Ziel aus den Augen verlor, konnte die Wanderausstellung schließlich realisiert werden.„Die Altäre und Kanzeln von Ludwig Münstermann und die Orgeln von Arp Schnitger sind die tragenden Kulturgüter, welche die Wesermarsch noch heute vorzuweisen hat“, beschrieb Frank Klimmeck seine Motivation.
„Betrachten Sie die Ausstellung als Baustein eines offenen Prozesses, der in Zukunft hoffentlich eine Fortsetzung finden wird“, bemerkte Mitinitiator Michael Remmers in seiner Eröffnungsansprache. „Das Fernziel ist eine touristische Route mit Kulturschätzen, die für Touristiker interessant ist und den Einheimischen und Urlaubern die Schätze der Region zugänglicher machen soll“, so der Oldenburger, der seit Kurzem ein Kulturhaus in Langwarden betreibt. Hierzu werde es auch eine Entdeckerkarte geben, auf der weitere Projekte wie der Skulpturenpfad rund um den Jadebusen eingezeichnet sein werden. „Wir hoffen, dass für jede Kirche Besonderheiten herausgearbeitet werden können, um das Mosaik zu vervollständigen“, wünschte sich Remmers.
Eindeutiges Bekenntnis zur theologischen Lehre Martin Luthers
Als Schirmherr der Ausstellung hielt der CDU-Landtagsabgeordnete Björn Thümler die Predigt beim Eröffnungsgottesdienst, in der er auf die Umstände einging, die dazu führten, dass im Oldenburger Land sehr viele Einrichtungsgegenstände für die Kirchen aus der Werkstatt Ludwigs Münstermanns geordert wurden. In ihnen gebe es eine klare Ausrichtung auf die theologische Lehre nach Martin Luther. Nicht zuletzt sei dies möglich geworden, durch die Tatsache, dass Graf Anton Günther in seiner Grafschaft durch geschicktes politisches Handeln den Dreißigjährigen Krieg verhindern und damit das Elend und den Verfall der Bevölkerung aufhalten konnte. „Rundherum herrschten Krieg und Elend, Teufel und Tod“, so Thümler.
Münstermann habe seine Werke kurz vor Beginn und während des Dreißigjährigen Krieges geschaffen und die Auseinandersetzung endete erst zehn Jahre nach dessen Tod im Jahr 1648. Die äußeren Umstände hätten es erfordert, im kirchlichen Leben die reformatorischen Impulse zu erhalten, die Kirchenglieder im Glauben zu stärken und ihnen in politisch schwierigen Zeiten eine innere Stabilität zu geben. Die reichen Bauern der Marschen, die durch Vieh- und Pferdezucht über genügend finanzielle Mittel verfügten, waren in erster Linie die Auftraggeber für die Kirchenausstattungen.
Das Besondere an den Arbeiten Münstermanns sei nun der bühnenmäßige Aufbau und die lichtdurchfluteten Fantasiearchitekturen. Als Beispiel nannte Thümler den Altar der St.-Matthäus-Kirche in Rodenkirchen, wo auf der Vorbühne der Abendmahlstisch und dahinter die Bundeslade dargestellt sind. Darunter in der dritten Ebene am Fuße des Altares wird die Heilsgeschichte erzählt, auf Augenhöhe der Gläubigen. „Assistenz bieten die kanonischen Lehrer der Kirche: die großen Propheten Elias und Melchisedek, Moses, Johannes der Täufer, die Apostel, die Evangelisten, Paulus und der Kirchenpatron, bis hin zu Luther und Melanchthon als letzte Autoritäten. Dazu die symbolhaften und allegorischen Apparate von Tugenden, Engeln mit den Marterwerkzeugen, Pelikan und Phönix, Löwe und Papagei, Tod und Teufel, Sonne und Mond“, schilderte Thümler den Zuhörern den gut erhaltenen Rodenkircher Kulturschatz.
Die Münstermanns Altarretabel gäben eine Zusammenfassung der altprotestantischen Frömmigkeit. Der Mensch komme bei der Kommunion in innige Berührung mit Gott selbst, findet darin Trost gegen die Anfechtung, Vergebung in der Gewissensnot und Kraft in der Schwäche. Die Werke Münstermanns seien Zeugnisse eines starken Bekenntnisses zur Lehre Luthers. „Sie zu erhalten, sie wertzuschätzen und sie zu verstehen, ist auch für den modernen Menschen eine Herausforderung und Aufgabe“, so Thümler. Sich aktiv mit seinem Glauben zu beschäftigen, sich rüsten für die Herausforderungen des Alltags, all das könnten diese wunderbaren Meisterwerke den Menschen geben. Sie leisteten eine Bebilderung der biblischen Geschichten und brächten eine Einordnung in den protestantischen Glauben, erklärte der Berner Politiker.
Ein Beitrag von Beatrix Schulte.
Source: Kirche-Oldenburg