Was hätte Jesus getan?
Vom begeisterten U-Boot Fahrer zum engagierten Friedenskämpfer.
Pfarrer Dr. Michael Heymel stellte Martin Niemöller im Rahmen der Sonderausstellung „Mit Schwert und Talar“ vor.
Dem 125. Geburtstag Martin Niemöllers gedenken in diesem Jahr viele Menschen. Aus diesem Grund hat Pfarrer Dr. Martin Heymel auch eine lesenswerte Biographie geschrieben. Mit diesem profunden Wissen hat er einen vollbesetzten Saal im Deutschen Marinemuseum in die wechselvolle Geschichte Martin Niemöllers mitgenommen. Mit diesem Vortrag nähert sich die Sonderausstellung „Mit Schwert und Talar“ nun ihrem Ende zu. Im Marinemuseum und in der Christus- und Garnisonkirche waren über fast sechs Monate die Biographien von Martin Niemöller, dem Wilhelmshavener Pfarrer Friedrich Ronneberger und dem nationalsozialistischen Pfarrer Ludwig Müller zu sehen und zu erleben. Bis zum 31. Oktober sind jetzt die beiden Ausstellungsräume noch zu besichtigen, bevor am Reformationstag mit einer Finissage im DMM die gemeinsame Ausstellung ihr Ende findet.
Martin Heymel stellte kurzweilig und plastisch die Geschichte Niemöllers da. Schnell wurde sein wechselvolles Leben deutlich. Bis in die 20er Jahre hatte niemand erwartet, dass der extrem kaisertreue und konservative Niemöller sich zum wichtigsten kirchlichen Gegenspieler von Hitler entwickeln würde. In einem lutherischen Pfarrhaus aufgewachsen, war für Niemöller schon immer klar, dass sein Weg zur Marine führt. Für ihn gilt damals, was für viele Christen galt: wer ein guter Christ ist, der ist auch ein guter Staatsbürger und ein guter Soldat. 1910 begann er in der kaiserlichen Marine und diente sich bis zum U-Boot Kommandanten am Ende des Krieges hoch. Als die Deutsche Flotte nach dem Krieg nach Scapa Flow in die Internierung ausgeliefert werden sollte, quittierte er wütend den Dienst. „Dafür sei er nicht zu haben.“ Biograph Martin Heymel verdeutlichte noch einmal, dass Niemöller von dieser Zeit als Soldat bis an sein Lebensende geprägt geblieben ist. Manche Anekdote berichtet von seinem militärischen Denken, auch als er sich schon längst davon verabschiedet hat. Er begann Theologie zu studieren, erwarb sich sehr schnell einen guten Ruf und bekam schließlich eine Pfarrstelle im gutsituierten Berlin – Dahlem.
Der Bruch mit dem bisherigen Denken kam, als die NSDAP an die Macht kam und auch in der Kirche versuchte, den sogenannten Arierparagraphen durchzusetzen. Niemöller gründete den Pfarrernotbund, in dem sich 7000 Pfarrer zusammenschlossen, deutlich mehr als die 2000 Mitglieder der nationalsozialistischen „Deutschen Christen“, denen Ludwig Müller voranstand. Mehr als die Hälfte aller Pfarrer aber blieb „Neutral“. Über dieses ärgerte Niemöller sich Zeit seines Leben: Denn gegen diesen zutiefst unchristlichen (und unmenschlichen) Arierparagraphen musste man nach seiner Meinung vorgehen. Plakativ stellte Niemöller klar, wer diesen Erlass in der Kirche durchsetze, der müsse letztlich auch Christus von Kreuz nehmen und ihn aus der Kirche entfernen. Der Prediger von Dahlem wurde fortan von zwei bis drei Gestapobeamten in jedem Gottesdienst abgehört. Hitler selbst ordnete dies an. Niemöller nannte diese Zeit „die belagerte Gottesstadt“. Von 1937 an ist Martin Niemöller Sonderhäftling und „persönlicher Gefangener“ Hitlers im KZ Sachsenhausen, obwohl ihn zuvor noch ein ordentliches Gericht vom Hochverratsvorwurf freigesprochen hatte. Nur mit Glück entging er der Hinrichtung und überlebte das Kriegsende.
Nach dem Krieg entwickelte sich Martin Niemöller zum einen zu einer moralischen Instanz, die sich für die einen deutlich sich gegen die alten Wege stellte. Immer wieder fand er klare Worte für die Versäumnisse und Schuld der Deutschen. Zum anderen wurde er aber auch zum Brückenbauer, der den Ost – West Dialog nicht abreißen lassen wollte und dadurch immer wieder aneckte, denn er stand gegen die damalige Politik der deutlichen Westannäherung.
Dr. Martin Heymel blätterte in dem Vortrag die Facetten des Kirchenmannes deutlich und klar auf. 1954 sieht er als deutliche Zäsur. Damals bekennt der begeisterte U-Bootfahrer, dass in der Zeit der Atombewaffnung ein Christ nur noch radikaler Pazifist sein kann. In der Kasseler Rede im Jahr 1955 fragt er provozierend: Wissen wir noch, was wir tun? In seinem Fazit stellt der Biograph fest, dass Niemöller bis ins hohe Alter lernbereit war. Er war aufbrausend und ungeduldig und doch immer in der Lage, zwischen unterschiedlichen Spannungen zu vermitteln. Er war nicht naiv, wie ihm dies Gegner vorwarfen, sondern zutiefst prophetisch. In seinem Denken hatte Jesus immer mehr (und wieder) das entscheidende letzte Wort: Was würde Jesus dazu sagen?