Berlin/Braunschweig (epd). Vor dem Krisentreffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Arbeitgebern und Gewerkschaften am Montag warnt der Wirtschaftsweise Achim Truger vor zu hohen Erwartungen an das Treffen. Es gebe die Tarifautonomie «und die konzertierte Aktion kann Tarifverhandlungen nicht ersetzen», sagte der Ökonom den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Online Sonntag). Zugleich appellierte er an die Gesprächspartner der Runde, ihrer eigenen Verantwortung bei der weiteren Entwicklung der Preis gerecht zu werden: «Sich in der aktuellen Lage und angesichts der hohen Inflation zusammenzusetzen, ist sinnvoll. Alle drei Seiten tragen Verantwortung für die Inflationsentwicklung.»

 

Truger rief die Ampel-Koalition zu weiteren Entlastungen für die Bürger auf. «Die Regierung kann durch weitere Entlastungspakete, die die realen Einkommen stabilisieren, Druck aus den Tarifverhandlungen nehmen», sagte der Wirtschaftswissenschaftler. Den Gewerkschaften riet er, «keine übertriebenen Lohnforderungen zu stellen, damit es nicht zu einer Preis-Lohnspirale kommt».

 

Eine solche zeichne sich allerdings bislang auch nicht ab, sagte er und forderte von der Arbeitgeberseite, die Tarifbindung zu stärken. «Und sie sollte sich dafür einsetzen, dass die aktuelle Inflation nicht zum Anlass genommen wird, Preiserhöhungen für Gewinnsteigerungen zu nutzen, also eine Gewinn-Preis-Spirale verhindern.»

 

Der Bundeskanzler und weitere Vertreter der Bundesregierung wollen am Montag mit Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden in einer sogenannten konzertierten Aktion über mögliche Reaktionen auf die hohe Inflationsrate beraten. Vor gut einer Woche hatte der Kanzler eine steuerfreie Einmalzahlung der Arbeitgeber ins Gespräch gebracht, wofür die Gewerkschaften auf einen Teil der Lohnforderungen verzichten könnten.

 

Die Reaktionen auf Scholz’ Idee fallen unterschiedlich aus, auch innerhalb der Ampel-Koalition. Der frühere ver.di-Chef Frank Bsirske, der in der grünen Bundestagsfraktion für die Arbeitsmarktpolitik zuständig ist, sieht in der konzertierten Aktion aber «eine Chance, um die wirtschaftliche Situation der Beschäftigten und die Konjunktur zu stabilisieren».

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Wirtschaftsweiser dämpft Erwartung an Krisentreffen