Bremen (epd). Angesichts der zunehmenden Zahl von Katastrophen auf der Welt steigt nach Einschätzung des Bremer Pflegewissenschaftlers Stefan Görres der Bedarf an Pflegepersonal, das speziell auf Krisenfälle vorbereitet ist. «In Asien gibt es bereits Ausbildungen, in Europa kaum», sagte Görres im Vorfeld einer internationalen Konferenz über den Einsatz von Pflegekräften bei humanitären Katastrophen dem Evangelischen Pressedienst (epd). Doch auch in Europa gebe es zunehmend Katastrophen, wie das verheerende Unwetter vor ein paar Tagen auf Mallorca zeige: «Die Einschläge kommen näher.»

Görres organisiert die Konferenz, zu der am kommenden Donnerstag und Freitag mehr als 150 Experten vornehmlich aus Asien, aber auch aus Afrika, den USA und Europa in Bremen erwartet werden. Ihr Ansatz: In Katastrophen werden die Anforderungen an Helfende und insbesondere an Pflegekräfte immer komplexer. Das Personal müsse sich gleichzeitig und schnell auf globale und lokale Situationen einstellen, kulturelle Hintergründe berücksichtigen und effektiv Hilfe leisten.

«Wir wissen noch zu wenig über Arbeitsschwerpunkte, Kernaufgaben und benötigte Kompetenzen», sagte Görres. Die Praxis liefere immer wieder Belege für eine unzureichende Vorbereitung und eine daraus resultierende Überforderung von Pflegekräften.

Jüngere Beispiele für Katastrophen seien schwere Erdbeben wie in Nepal 2015 und in Mexiko 2017. Das Erdbeben im japanischen Kobe 1995 mit Tausenden Toten sei der Auslöser für die Gründung der «World Society of Disaster Nursing» gewesen, die die Konferenz veranstalte, verdeutlichte Görres. «Unsere Hauptthemen sind Fragen zum Management von Katastrophen-Einsätzen, insbesondere technische und logistische Aspekte, aber auch die Sicherheit der eingesetzten Pflegekräfte, die nicht selten in der Gefahr stehen, gekidnappt oder getötet zu werden.»

Bisher gibt es Görres zufolge in Deutschland meist nur interne Fortbildungen von Hilfsorganisationen wie der Diakonie Katastrophenhilfe, dem Deutschen Roten Kreuz oder den «Ärzten ohne Grenzen». Einen Bachelor-Studiengang zum Thema biete einzig die private Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin. «Und auch bei der Forschung stehen wir noch ganz am Anfang, besonders was die gesundheitlichen Folgen von Katastrophen etwa mit Blick auf Traumatisierungen betrifft.»

Das Bremer Treffen ist die fünfte Forschungskonferenz der «World Society of Disaster Nursing». In den vergangenen Jahren trafen sich die Experten in Japan, Wales, China und zuletzt im indonesischen Jakarta. Bremen biete gute Voraussetzungen, um das Thema wissenschaftlich voranzubringen, betonte Görres. «Hier gibt es neben Pflegewissenschaftlern auch IT-Experten und Logistiker, die in Katastrophenfällen ebenfalls gefragt sind.» Denn eines der großen Probleme in Krisenfällen sei der Zusammenbruch von Netzwerken wie Straßen und Computer-Verbindungen.

Source: Kirche-Oldenburg