Hannover (epd). Der frühere Bundespräsident Christian Wulff hat die gesellschaftliche Mitte in Deutschland aufgerufen, entschlossen für den Erhalt der Demokratie zu streiten und Fremdenhass zu bekämpfen. «Wir müssen uns auf allen Ebenen gegen ein Anwachsen des Populismus wehren», sagte Wulff der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» (Sonnabend). Das gelte in besonderer Weise auch für die «kleinen Gemeinschaften» wie Familien, Gruppen, Vereine und Kommunen. Diese gäben den Menschen anders als soziale Medien Rückhalt und ein Gefühl von Heimat. Auch der evangelische Landesbischof Ralf Meister warnte vor den Gefahren für die Demokratie und einer «Verrohung» der Debatten.
Laut Wulff besteht in der Gesellschaft derzeit eine «enorme Diskrepanz» zwischen der wirtschaftlich guten Lage und «subjektiv ängstlichen Gefühlen». Die Ursachen dafür seien Fehlentwicklungen in der Globalisierung, der weltweite Terror und die «Desinformation in den sozialen Netzwerken». Dies habe eine «explosive Mischung» entstehen lassen. Rassisten bedienten sich heute der sozialen Medien, so wie die Nazis die Volksempfänger genutzt hätten. Dort könne jeder auch absurde oder erfundene Meinungen verbreiten.
Der Ex-Bundespräsident warnte die politische Mitte davor, «vermeintliche Sündenböcke zu brandmarken». Deutschland profitiere enorm von der Einwanderung. «Das müssen wir immer wieder sagen: in der Familie, im Freundeskreis, aber auch in der Politik.» Der Staat müsse von Zuwanderern aber zugleich die Einhaltung der Regeln einfordern. «Der Rechtsstaat muss Zähne zeigen, zugleich aber für Integration offen sein.» In Richtung der Rechtspopulisten sagte Wulff: «Ich habe den Eindruck, dass viele die Werte des christlichen Abendlandes gar nicht kennen, von dem sie vorgeben es zu verteidigen.»
Bischof Meister sagte der Zeitung, dass «Verrohung und Vereinfachung» in die öffentliche Debatte eingeflossen seien, habe «viel mit der AfD zu tun». Dabei habe die Partei sich in den vergangenen Monaten verändert. Sie habe Anlässe genutzt, mit radikalen Kräften aufzutreten und sich antistaatlich zu gebärden. Dennoch solle aus seiner Sicht der Dialog mit denjenigen, die der AfD folgten, nicht abgebrochen werden. «Man muss versuchen, auch die AfDler wieder zurückzugewinnen – als Akteure für die Demokratie», sagte Meister.
Source: Kirche-Oldenburg