Hannover (epd). Zehntausende Menschen haben am Sonnabend in vielen Städten Niedersachsens gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie demonstriert. Allein in Hannover kamen nach Polizeiangaben rund 35.000 Menschen auf dem zentralen Opernplatz zusammen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) lobte das große zivilgesellschaftliche Engagement. «Das, was ihr hier zeigt, ist gelebter Verfassungsschutz», rief er der Menschenmasse in der niedersächsischen Landeshauptstadt zu. Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Parteien hatte zu der Kundgebung aufgerufen.

 

In Braunschweig kamen nach Polizeischätzungen rund 15.000 auf den Schlossplatz, der veranstaltende Stadtschülerrat sprach von 20.000 Personen. Dort betonte der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns, Rassismus, Nationalismus, Antisemitismus und Hetze seien mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar. «Deshalb protestieren wir, wenn Pläne geschmiedet werden, um Menschen zu deportieren wie in den finstersten Zeiten der deutschen Geschichte.»

 

In Oldenburg zählte die Polizei bei zwei Kundgebungen mindestens 7.000 Teilnehmende, in Wilhelmshaven waren es 2.500, in Emden 2.000. Vor der Celler Congress Union versammelten laut Polizei 4.500 Menschen, auf den Herzogenplatz in Uelzen kamen 1.100 Menschen. Zu zwei weiteren Kundgebungen in Lüneburg kamen nach Zählungen der Polizei 5.000 Menschen.

 

In Hannover unterstrich Ministerpräsident Weil, die AfD und die Rechtsextremen verschöben die Grenzen des Sag- und Denkbaren nach rechts, wenn sie etwa von «Remigration» sprächen. Umso wichtiger seien deutliche Zeichen. «Migrantinnen und Migranten, seien sie kurz hier oder auch in der vierten Generation, sie alle sind Teil unserer Gemeinschaft.»

 

Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff (CDU) erinnerte an die Wannseekonferenz am 20. Januar 1942. Sie sei ein Symbol für die geplante und systematisierte Tötung der Juden Europas. «Die Wannsee-Villa wurde zum Ort deutscher Schande», sagte er. «Wir dürfen nie wieder zulassen, dass in Deutschland über die Selektion von Menschen nach Herkunft, Aussehen, Religion, Handicap oder irgendeines anderen Kriteriums beraten wird.»

 

Der hannoversche evangelische Landesbischof Ralf Meister sagte, «Demokratie verlangt viel. Weil es Menschen gibt, die diese beste Staatsform der Welt nutzen, um sie zu missbrauchen.» Es sei wichtig, die Demokratie zu verteidigen und sich für sie einzusetzen. Wer dagegen anderen Menschen Rechte abspreche, von völkischem Mythos fasele und das Parlament zur «Pöbelstube» mache, sei ein «demokratischer Verräter!»

 

Bereits am vergangenen Wochenende waren bundesweit Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Weitere Demonstrationen sind geplant, unter anderem am Sonntag in Bremen und Göttingen.

Kirche-Oldenburg
Zehntausende demonstrieren in Niedersachsen gegen Rechtsextremismus