17 Abendgottesdienste, 17 Predigten von Bischof Janssen, 17mal Grundfragen evangelischen Glaubens, 17 Lutherlieder und 17mal Begegnung und Gespräche vor Ort stehen im Mittelpunkt des Reformationsjubiläums im Oldenburger Land.
In diesem Veranstaltungsreigen begrüßte die Kirchengemeinde Ahlhorn am Sonntagabend diesmal ihren Bischof. In der Christus-Kirche suchte Jan Janssen seinen 14. Stopp im Veranstaltungsreigen von Pfingsten bis zum Reformationsfest auf. Und auch diesmal stand wieder ein Martin Luther-Lied im Mittelpunkt der Predigt. „Darum auf Gott will hoffen ich“ (EG 299) nach dem Text und der Musik von Martin Luther (1524).
Doch es war nicht nur ein weiterer Gottesdienst im Rahmen der Veranstaltungsreihe, sondern auch der Sonntag zur Wahl des neuen Bundestages. Für Bischof Janssen die Steilvorlage all jenen Dank zu sagen, die sich für das soziale Miteinander in unserer Gesellschaft engagieren, die in Kommunen, Ländern und Staat politisch mitwirken und dabei mehr im Sinn haben, als alles um sich selbst zu drehen, die ihre Zeit und Kraft zugunsten des Gemeinwesens hergeben.
„Wir haben gewählt! Wir haben Kreuzeszeichen gesetzt. Worauf also bauen wir heute unsere Hoffnung angesichts all der gesellschaftlichen Herausforderungen? Und wohin werden sie sich morgen mit Blick in die Zukunft richten?“ dachte Bischof Janssen laut nach.
So ein Wahlabend könne zu einer Weichenstellung werden, wenn die Kräfteverteilung klar, die Verhältnisse eindeutig, der Auftrag zur Regierung und Opposition entschieden sei. „Wir sind gespannt auf die Ergebnisse. Wir hoffen auf Klärung und dann eine tragfähige Basis für künftiges Handeln.“
In der Predigt verwies der Bischof eingangs auf Paulus Worte an die Römer im Psalm 8,18-28, der von Kreispfarrer Bertram Althausen verlesen wurde. Zurzeit ist die Pfarrstelle in Ahlhorn vakant. „Wir können hinschauen, zuhören, mitmachen auch anpacken. Lässt sich daraus unsere Hoffnung bauen?“, hinterfragte er.
Auch in der Kirchengemeinde Ahlhorn gebe es Weichenstellungen. Das Pfarrhaus ist leer. Die Pfarrstelle auf absehbarer Zeit unbesetzt. „Und doch ist ihre Gemeinde lebendig. Pastor und Pastorin sind nicht die Hoffnung in Person, von der wir evangelischen Christen leben. Gerade in dieser Lebenslage bin ich gerne zu ihnen gekommen.“
Janssen erinnerte an das Motto der Reihe zum Reformationsfest. „Ein feste Burg“ als eine tragfähige Zuflucht angeboten von Gott und außerdem „Einen frischen Blick“ auf den evangelischen Glauben zu werfen und damit auch auf den Reformator Luther im übertragenen Sinne auf heute. „Was Martin Luther neu für die Kirche entdeckt hat im Nachdenken über den Glauben, beim Bibelübersetzen oder in seinen Worten und Liedern, ist nicht alles neu. Er hat das Überlieferte aufgenommen und in seine Zeit und Sprache übersetzt.“
So auch im Lied „Darum auf Gott will hoffen ich“. Es wird bekannt, als Luthers Thesen und Schriften schon weit verbreitet sind. Der Überlieferung nach, habe ein alter Tuchmacher oder Bettler das Lied in Magdeburg öffentlich gesungen und gedruckt verkauft. Er wird festgenommen und später auf Betreiben der Stadtbewohner wieder freigelassen. Janssen: „Heute unvorstellbar: das Singen eine aufrührerische Befreiungsaktion!“
Die Worte „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ würden aufzeigen, dass oft aus der Perspektive der Tiefe Hoffnung gesucht werde. Tiefe Trauer, angekommen auf dem Boden der Tatsachen, niedergedrückt durch Tagesthemen, Erfahrungen und Todesmächte. „Da wird aus dem Rufen ein Schreien aus der Not. Und auch Paulus schreibt im Psalm: „von dieser Zeit Leiden“ vom „ängstlichen Harren der Kreatur“, vom „Sehnen nach einer besseren Welt“.
Janssen: Mit einem winzigen Akzent ergänzte Luther den Psalm. Vom „gnädig Ohr“ und entdeckt Gottes „Gnade“ in der Reformation wieder. Auch das Wort „umsonst“ interpretiert er als unbezahlbare Gnade, unendlich kostbar und zugleich noch den Ärmsten frei zugänglich. „Gott macht sich in seiner Entscheidung für den Menschen frei von dem, was wir ihm als Gegenleistung bieten. Frei von To-Do-Listen und Rechenspielen im Glauben, frei von Versicherungspolicen und Garantiescheinen und frei von allen Wie-du-mir-so-ich-dir-Denkmustern.“
In dem Lied „Darum auf Gott will hoffen ich“ sei die Basis der Hoffnung enthalten. Nach bisweilen ruhelosen Nächten, einem Herumtreiben ohne die Richtung zu kennen, sei es dann wieder etwas zu hören, wie ein Weckruf am Morgen, ein neuer Gedanke, eine frische Anregung und kräftiger Zuspruch. Paulus sehe darin die großartige Hoffnung, als Gottes Geschöpf frei zu werden, weg von der Knechtschaft der Vergänglichkeit.
„Unser Leben, persönlich, politisch als Gemeinde, als Gesellschaft mag durchaus Zweifel und Sorgen kennen“, führte Jan Janssen weiter aus. „Doch ,soll mein Herz an Gottes Macht verzweifeln nicht, noch sorgen‘ heißt gerade nicht, dass wir Glaubenden uns mit gläubigem Herzen fein aus der Welt heraushalten. Im Gegenteil. Gerade wegen der Hoffnung werden unsere Hirne gebraucht Verantwortung für Kirche und Welt zu übernehmen. Gerade heute will ich es so sagen: Gott hat gewählt. Und Gott hat ein Kreuzeszeichen gesetzt. Welch eine eindeutige Weichenstellung, Kräfteverteilung und tragfähige Basis.“
Peter Kratzmann
Source: Kirche-Oldenburg