Hannover/Nürnberg (epd). Flüchtlingsbürgen sollen von Rückforderungen der Jobcenter über Sozialleistungen in den meisten Fällen verschont werden. Das geht aus einer Weisung der Bundesagentur in Nürnberg an die gemeinsam mit den Kommunen betriebenen Jobcenter hervor, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Danach ist bei Verpflichtungserklärungen, die im Zusammenhang von Landesaufnahmeprogrammen für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz abgegeben wurden, durchweg «von einer Heranziehung» der Bürgen abzusehen. Vertreter aus Politik und Kirche begrüßten die Weisung.

Bundesweit hatten Jobcenter in den vergangenen zwei Jahren von Einzelpersonen, Initiativen oder Kirchengemeinden, die zwischen 2013 und 2015 für den Aufenthalt von Flüchtlingen in Deutschland gebürgt hatten, mindestens 21 Millionen Euro an Sozialleistungen zurückgefordert. Niedersachsen war bundesweit am stärksten betroffen: Mit rund 7,2 Millionen Euro entfiel auf die dortigen Bürgen rund ein Drittel der geforderten Gesamtsumme. Besonders viele Nachforderungen gab es im Raum Wolfsburg.

Ein Sprecher der hannoverschen Landeskirche sagte am Mittwoch dem epd, es sei erfreulich, dass für alle, die durch ihre Bürgschaften Menschen in höchster Not geholfen hätten, die Ungewissheit jetzt ein Ende habe: «Wir sind den Verantwortlichen in der Bundesagentur und den zuständigen Politikerinnen und Politikern für diese Entscheidung dankbar.» Eine Sprecherin des Innenministeriums betonte in Hannover, die Regelung sei maßgeblich von Niedersachsen initiiert worden, daher begrüße das Ministerium sie ausdrücklich.

Von der Zahlungspflicht ausgenommen sind der Weisung zufolge auch Bürgen, die ihre Erklärung auf einem bundeseinheitlich verwendeten Formular abgegeben hatten, das eine Haftung «bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck» vorsah. Gleiches gilt demnach, wenn sie zum Zeitpunkt ihrer Bürgschaft «finanziell nicht ausreichend leistungsfähig» waren. Die Bundesagentur hat die Weisung nach eigenen Angaben in Abstimmung mit den Bundesministerien für Arbeit und Soziales, der Finanzen und für Inneres erlassen.

Die Anordnung betrifft alle Verpflichtungserklärungen, die vor dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 6. August 2016 im Zusammenhang mit Landesaufnahmeprogrammen abgegeben wurden. Bürgen aus den drei hauptsächlich betroffenen Bundesländern können sich nach der Weisung nun auf entsprechende Erlasse oder Aussagen ihrer Landesbehörden berufen und müssen dann nicht zahlen.

Bei der Überprüfung der Erstattungsforderungen sollen die Jobcenter laut Weisung in der Regel «nach Aktenlage» entscheiden.
Bürgen, die bereits gezahlt haben, müssen dafür allerdings einen Antrag stellen. Die Weisung betrifft allerdings nicht die rein kommunal betriebenen Jobcenter.

Viele Bürgen hatten sich zunächst gerichtlich gegen die Rückforderungen gewehrt. Allein im Dezember belief sich die Zahl der Flüchtlingsbürgen-Verfahren an niedersächsischen Verwaltungsgerichten auf über 450.

Source: Kirche-Oldenburg