Rund 60 Ehrenamtliche waren in das Haus der Offenen Tür der Kirchengemeinde Edewecht gekommen, um sich über Asylverfahren und Flüchtlingsschutz zu informieren. Alle sind bereits in der Flüchtlingsarbeit im Ammerland aktiv und haben fast täglich mit Fragen des Asylverfahrens zu tun. Kirchenkreis, Diakonie und das Evangelische Bildungswerk Ammerland hatten eingeladen.
Nach der Begrüßung durch Pastorin Regina Dettloff stellte sich aber zunächst die Gruppe der Ehrenamtlichen in Edewecht vor. Hella Fittje-Oltmanns berichtete den EhrensamtskollegInnen aus den anderen Gemeinden, dass neben Sprachkursen, gemeinschaftlichen Treffen und individueller Begleitung auch erste Erfolge bei der Arbeits- und Ausbildungsplatzvermittlung zu verzeichnen sind. „Einer der Flüchtlinge kann jetzt in Oldenburg sein Studium fortsetzen, das er vor der Flucht in seinem Heimatland bereits zu Hälfte absolviert hatte“ erzählte Hella Fittje-Oltmanns.
Mareike Kaempf, im Asylrecht sehr erfahrene Anwältin aus Oldenburg, erläuterte anschließend das Asylverfahren. „Asylrecht ist hauptsächlich Verwaltungsrecht. Ohne einen ordentlichen Antrag geht nichts.“ erklärte sie gleich zu Anfang. Aber schon die Antragsentgegennahme sei für die Behörden nicht ganz leicht. Zunächst werde nämlich in einem komplizierten Verfahren geklärt, ob der Flüchtling nicht in einem anderen europäischen Land angekommen und registriert worden sei. Dann sei dieses Land zuständig. „Wichtig ist, dass die ehrenamtlichen BetreuerInnen Ruhe in die Sache bringen und Flüchtlingen die komplizierten und langwierigen Regelungen verständlich erläutern.“ Die Realität zeige längst, dass die Politik mit dem so genannten Dublin-Abkommen Regelungen getroffen habe, die der Realität nicht mehr gerecht werden.
Im Asylverfahren selbst sei Dreh- und Angelpunkt die mündliche Anhörung, die in Braunschweig stattfindet. Wegen der vielen Verfahren finde die Anhörung aber oft erst viele Monate nach der Antragstellung statt. „In der Anhörung muss alles, alles, alles, aber auch wirklich alles dargelegt werden, was zur Flucht geführt hat.“ Weitere Gründe nach der Anhörung vorzutragen, sei – so Mareike Kaempf – in Ausnahmefällen zwar möglich, aber das würde in der Praxis meist zum Nachteil der Flüchtlinge ausgelegt. „Auch an dieser Stelle nehmen Ehrenamtliche eine wichtige Rolle ein. Sie können mit den Flüchtlingen vorbereiten, dass wirklich alles und alles ausführlich und anschaulich vorgetragen wird.“
Bei allem Ärger über ungeeignete Dolmetscher, Verfahrensdauern, unverständliche Ladungen und noch unverständlichere Bescheide gehe es zum Nutzen der Flüchtlinge immer wieder darum, die Gesprächsebene mit den BehördenmitarbeiterInnen zu finden. „Krawall und Streit nützt im Einzelfall wenig, ein sachliches und verbindliches Gespräch mit Entschiedenheit in der Sache führt meistens einen Schritt weiter.“ appellierte Rechtsanwälting Kaempf an die Ehrenamtlichen.
Am Ende des Abends waren bei den ZuhörerInnen viele Seiten Notizen entstanden. „Ich hätte nicht gedacht, dass dieses komplizierte und undurchsichtige Verfahren plötzlich so klare Linien und Konturen für mich bekommt. Vielen Dank für die hilfreichen Erläuterung.“ bedankte sich eine Ehrenamtliche unter dem Beifall der anderen ZuhörerInnen. Diesem Dank schloss sich Uta Fründt vom Deutsch-Ausländischen Freundschaftsverein im Ammerland an, die den Abend moderierte.
Am 12. Oktober sind die Ehrenamtlichen zu einem weiteren Fortbildungsabend ins Haus Feldhus in Bad Zwischenahn eingeladen. Dominique Pannke, Moderatorin aus Braunschweig, wird mit den Ehrenamtlichen erarbeiten, wie gleichberechtigt, kompetent und auf Augenhöhe kommuniziert werden kann, auch wenn die gemeinsame Sprache und der gemeinsame kulturelle Hintergrund fehlen.
Peter Tobiassen
Source: Kirche-Oldenburg