Wenn ein Mensch gestorben ist, hinterlässt er meist einen eigenen Haushalt. Vor allem dann, wenn der Mensch schon älter ist. Egal ob zwei Zimmer oder viele, die Angehörigen müssen jetzt aussortieren. Als wir Geschwister die Wohnung unserer Mutter ausräumen mussten, hatten wir alle selbst einen mehr oder weniger gut gefüllten Hausstand. Eigentlich war bei keinem mehr richtig Platz. Und dennoch gibt es Erinnerungsstücke, an denen der eine oder die andere hängt. Dafür wird dann auch in der vollsten Wohnung Platz geschaffen. Oft sind es jedoch gar nicht die großen Dinge, an die wir besonderer Erinnerungen knüpfen. Eine Enkelin möchte gerne das alte Nudelholz haben. Es erinnert sie an die regelmäßigen Backtage mit ihrer Oma im Advent. Eine andere hängt besonders an einem ganz bestimmten Handtuch, das sie immer benutzt hat, als sie bei ihr zu Besuch war. Eine Porzellandose stand immer mit Schokolinsen gefüllt auf dem Sofatisch, wenn wir kamen. Auch ein Erinnerungsstück. So bekommen kleine Gegenstände in einer solchen Situation beinahe sakramentalen Charakter. Sie erinnern jeden einzelnen an eine besondere Wirklichkeit. Für andere bleibt diese Wirklichkeit unsichtbar.

 

 

Rüdiger Schaarschmidt

Hören Sie diesen Beitrag bei Radio Jade:
Alle Beiträge im Überblick | RADIO JADE