Im Restaurant will jeder Gast möglichst schnell mit schmackhaftem Essen bedient werden. Doch oft fehlen Zeit und Anleiter, um den Nachwuchs dafür auch richtig auszubilden. Das zeigt der DGB-Ausbildungsreport 2016 für Niedersachsen und Bremen.

Bremen (epd). Im niedersächsisch-bremischen Hotel- und Gaststättengewerbe sind nach einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) die Ausbildungsbedingungen im Vergleich zu anderen Branchen besonders schlecht. «Da gibt es die höchste Abbrecherquote bei gleichzeitig noch unbesetzten Ausbildungsplätzen», kritisierte am Montag die Bremer DGB-Vorsitzende Annette Düring. Mehr als die Hälfte der Auszubildenden müsse regelmäßig Überstunden leisten, für die es oft weder Geld noch Freizeitausgleich gäbe, habe der Ausbildungsreport 2016 für Niedersachsen und Bremen ergeben.

Da der Arbeits- und Ausbildungsmarkt beider Länder stark miteinander verschränkt ist und es zudem große Pendlerbewegungen gibt, legte der DGB einen gemeinsamen Report für die beiden Bundesländer vor. An der repräsentativen Befragung beteiligten sich Düring zufolge zwischen September 2015 und April 2016 mehr als 1.600 Auszubildende aus den 16 häufigsten Ausbildungsberufen. Grundsätzlich habe sich herausgestellt, dass die Qualität der Ausbildung in vielen Bereichen abnehme: «Es ist kein Zufall, dass gerade die Branchen Bewerber-Mangel feststellen, die schlechte Ausbildungsbedingungen bieten.»

In Hotels und Gaststätten seien knapp zwei Drittel der Befragten mit ihrer Ausbildung zufrieden, bei den anderen Befragten seien es mehr als drei Viertel, bilanzierte DGB-Jugendbildungsreferentin Johanna Waldeck: «Das ist deutlich unterdurchschnittlich. Zu viele Ausbildungsbetriebe lassen die nötige Qualität vermissen.» Teilweise verstießen Arbeitgeber sogar gegen Arbeitsschutzgesetze. «Es ist ein Armutszeugnis, wenn Druck und Stress für junge Menschen schon am Anfang ihres Arbeitslebens stehen.» Der DGB fordert deshalb mehr Personal in den Kammern, um die Betriebe zu kontrollieren.

Zu den Betroffenen zählt Philipp Thiessen (33), der kurz vor dem Abschluss seiner Lehre als Koch steht. Trotz Berufsschule habe er in einer Woche 83 Überstunden leisten müssen, sagte er. Die Mehrarbeit sei zusammen mit der Arbeit an Wochenenden und an Abenden der wichtigste Grund, die Ausbildung abzubrechen oder den Betrieb zu wechseln. «Dazu kommt der Druck von hinten: Das muss jetzt fertig werden.» Viele Auszubildende bekämen zwar nach Ende ihrer Lehre ein Übernahmeangebot, wollten dies aber gar nicht annehmen.

Düring mahnte, Hotels und Gaststätten hätten sich mit Blick auf die Ausbildung «zu einer richtigen Problembranche entwickelt». Doch auch in anderen Bereichen seien Überstunden, ausbildungsfremde Tätigkeiten und psychische Belastungen für zahlreiche Auszubildende bittere Realität: «Die Klagen vieler Arbeitgeber über angeblich fehlende Fachkräfte fallen so auf sie selbst zurück.» Dazu komme die sinkende Bereitschaft der Unternehmen zur Ausbildung, die natürlich Zeit und Personal binde. «Früher hat jeder dritte Betrieb ausgebildet, jetzt ist es jeder fünfte.»
Source: Kirche-Oldenburg