Auf den Bügel. Haken dran. Am Sonntag nach dem Gottesdienst wollte ich wie gewohnt meinen Talar weghängen. Dieses lange schwarze Kleid, das wir evangelischen Pastoren zusammen mit dem Beffchen, dem zweigeteilten weißen Lätzchen als Amtstracht tragen. Bei Licht betrachtet fiel mir auf, dass ein wenig der Lack ab war. „Der ist für die Ewigkeit“ hatte seiner Zeit der Talarschneider bei der Anprobe gesagt und dabei stolz über den Dopple Cashmere gestrichen. Sollte das tatsächlich schon 20 Jahre her sein?

 

Wer trägt seine Klamotten heute schon noch so lange? Kleidung ist doch auch zur Wegwerfware geworden. Wenn das T-Shirt dreckig wird, nicht mehr ab in die Waschmaschine, sondern gleich in die Tonne. Kost ja nix. Zum Leidwesen der Näherinnen in Bangladesch und anderen Billiglohnländern.

 

Ich schaue meinen Talar genauer an. Der durchstoßene Kragen, die zerdehnten Knopflöcher.  Treue Dienste hat er mir geleistet. Vor Friedhofskälte geschützt und mich umgeben, wenn ich mich mit Gottes Wort vor die Leute stellte.

 

Jesus sagt: Ihr sollt nicht sorgen und sagen: Womit werden wir uns kleiden? Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.

 

Mir fällt die Telefonnummer des Schneiders in die Hände. Jetzt wird mein Talar geflickt. Nicht für die Ewigkeit, aber hoffentlich für weitere 20 Jahre.

 

Christian Scheuer, Kreispfarrer des Ev.-luth. Kirchenkreises Friesland-Wilhelmshaven

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