Hannover (epd). Der Niedersächsische Landesvorsitzende des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte, Uwe Gerecke, hat die Diskussion um Hitzeschutz am Arbeitsplatz begrüßt. Zwar sei es angesichts höchst unterschiedlicher beruflicher Rahmenbedingungen unrealistisch, flächendeckend eine Siesta einzuführen, sagte der Betriebsarzt im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Es ist aber gut, dass die Bedeutung von Hitzeschutz zunehmend erkannt wird und Konzepte erarbeitet werden.»

 

Die Debatte um eine Siesta wurde am Dienstag vom Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes angestoßen. Der Verbandsvorsitzende Johannes Nießen hatte vorgeschlagen, sich an Hitzetagen an den Arbeitsweisen der Menschen in südlichen Ländern zu orientieren: Früh aufstehen, in den Morgenstunden arbeiten, mittags Siesta machen.

 

Grundsätzlich könne es sinnvoll sein, an heißen Tagen flexibel zu arbeiten, sagte Gerecke. Wer etwa schon um sechs statt um acht mit der Arbeit beginne, könne früher Feierabend machen oder eine Mittagspause einlegen und an weniger heißen Tagen die Arbeit nachholen. Das ließe sich freilich nicht in allen Berufen umsetzen. Nötig seien maßgeschneiderte Lösungen.

 

Grundlage dafür bilde die Gefährdungsbeurteilung gemäß betrieblichem Arbeitsschutz. Gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung müsse geschaut werden, wie berufliche Tätigkeiten unter Hitzebedingungen neu gestaltet werden können. Möglichkeiten gebe es viele, etwa Gleitzeit- und Homeofficeregelungen, die Lockerung von Kleidungsregeln, nächtliches Lüften in den Büros, Ventilatoren und Außenjalousien, das Bereitstellen von Getränken sowie die Verlagerung wärmeerzeugender Geräte wie Drucker in separate Räume.

 

Die Arbeitsstättenverordnung gebe zwar Orientierung. «Es hapert aber an der Umsetzung», sagte der Mediziner. Ein erster Grenzwert sei bei einer Lufttemperatur von über 26 Grad erreicht. «Ab dem Punkt müssen sich Arbeitgeber Gedanken machen.» Steigt das Thermometer auf 30 Grad oder mehr, seien sie verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, etwa kostenlose Getränke bereitzustellen. Steigen die Temperaturen auf über 35 Grad, sei die Arbeit in der Regel nicht mehr zumutbar.

 

Möglichen Auswirkungen von Hitze am Arbeitsplatz seien etwa Konzentrationsstörungen, sinkender Blutdruck, steigende Herzfrequenz, Atem- und Kreislaufprobleme sowie Kopfschmerzen. «Menschen können dann nicht mehr so gründlich arbeiten, und das hilft dem Arbeitgeber am Ende auch nicht weiter.»

 

Gerade in verantwortungsvollen Berufen, in denen sehr konzentriert gearbeitet werden muss, sei deshalb auch der Einsatz von Klimaanlagen denkbar, sagte Gerecke. Die Temperatur solle aber möglichst nicht zu weit herunterreguliert werden. «Eine Differenz zur Außentemperatur von 6 Grad sollte reichen, sonst drohen Erkältungen.»

Kirche-Oldenburg
Betriebsarzt fordert: Hitzeschutz ernst nehmen, Konzepte entwickeln