Vechta (epd). Vertrauen in die Corona-Politik kann nach Auffassung des Vechtaer Psychologen und Vertrauensforschers Professor Martin Schweer nur im gesellschaftlichen Dialog geschaffen werden. «Wir müssen uns immer wieder aufs Neue um einen konstruktiven Austausch bemühen», sagte der Leiter des Zentrums für Vertrauensforschung an der Universität Vechta am Donnerstag bei einem Online-Symposium zu Vertrauen und Misstrauen im Gesundheitssystem.

 

Das gelte allerdings unter Einhaltung der demokratischen Regeln, betonte der Wissenschaftler. Sie seien «keine Einbahnstraße, sie gelten jederzeit».

 

Der Mediziner und Publizist Bernhard Albrecht sagte, das Vertrauen in das Corona-Krisenmanagement der Regierung sei seit Beginn der Pandemie in sechs Punkten erschüttert worden. Albrecht nannte in diesem Zusammenhang überforderte Behörden, eine widersprüchliche Kommunikation sowie raffgierige Politikerinnen und Politiker. Dazu kämen alleingelassene Pflegekräfte, eine Profitmaximierung der Krankenhäuser und eine Fragmentierung der Gesundheitspolitik.

 

Zurückgewonnen werden könne Vertrauen durch eine offene Kommunikation, die auch wissenschaftliche Unsicherheiten benenne. «Öfter mal sagen: Keine Ahnung, wir müssen jetzt auf Sicherheit fahren.» Das müsse ergänzt werden durch eine Digitalisierung und Zentralisierung des öffentlichen Gesundheitswesens und durch einen Umbau des Gesundheitssystems: «Das Ziel muss eine stärkere Gemeinwohlorientierung sein.»

 

Schweer und Albrecht äußerten sich in der Vortragsreihe «Vechtaer trust lectures». Eröffnet wurde sie im Juni 2019 mit dem katholischen Weihbischof Wilfried Theising. Der leitende Theologe beschäftigte sich mit der Frage nach der Bedeutung von Gottvertrauen in der Gesellschaft. Weitere prominente Gäste waren danach Bremens Altbürgermeister Henning Scherf und Charlotte Knobloch, frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Kirche-Oldenburg
Corona-Krise: Vertrauensforscher betont gesellschaftlichen Dialog