Das «ganze Leben» wollen Katharina von Bora und Martin Luther samt Ehe, Hausstand und Kindern. Dass dazu auch Verunsicherung und Verzweiflung gehören, zeigt der Film «Katharina Luther», der am 22. Februar im Ersten zu sehen ist.
Hannover (epd). Schon die erste Szene ist herzergreifend. Der Vater führt die kleine Katharina zur Klosterpforte, und die Münzen, die er der Nonne gibt, klimpern. Sträuben und Weinen helfen nicht, die Schwestern schließen die Tür und ziehen die kleine Rothaarige in die dunklen Gänge. Die Kamera bleibt dicht dran an den Menschen, nur ein kurzer Schwenk geht den Turm hinauf in den Himmel.
Regisseurin Julia von Heinz, Drehbuchautor Christian Schnalke und Kamerafrau Daniela Knapp setzen im Fernsehfilm «Katharina Luther», der am Mittwoch im Ersten läuft, konsequent auf Emotionen, erklärt wird nur wenig. Und sie vertrauen darauf, dass sich die Zuschauer einlassen auf das 16. Jahrhundert, den tiefen Glauben und Aberglauben, die unbändige Angst vor Teufel, Fegefeuer und Verdammnis, die menschlichen und kirchlichen Ordnungen, raue Sitten, die unverrückbaren Rollen für Männer und Frauen.
Erzählt wird die Geschichte der entlaufenen Nonne Katharina von Bora (Karoline Schuch), die den ehemaligen Mönch Martin Luther (Devid Striesow) heiratet, der inzwischen ein bekannter Reformator ist. Sie wird die Frau, die ihn angesichts seiner Verzweiflung über den Tod der gemeinsamen Tochter an das erinnert, was er ihr einst ins Kloster geschrieben hatte: «Wir dürfen vertrauen, auch im Tod.»
Nach dem traumatischen Zurücklassen der kleinen Katharina an der Klosterpforte geht der Film 17 Jahre später weiter, im September 1522. Die junge Nonne hat Lesen und Schreiben gelernt, sie betet und arbeitet mit ihren adligen Mitschwestern. Doch auch hinter die Mauern von Kloster Nimbschen bei Grimma in Sachsen dringt die Kunde vom Theologen Martin Luther aus dem rund 90 Kilometer entfernten Wittenberg: Das Verhältnis zu Gott hängt nicht von guten Werken ab, und der Zölibat entspricht nicht der göttlichen Ordnung. Katharina gelingt ein kurzer Briefwechsel mit ihm – und sie flieht mit einigen anderen jungen Nonnen nach Wittenberg.
Über das Leben dieser Katharina von Bora (1499-1552) ist nur wenig bekannt, eigene Zeugnisse gibt es nicht, nur die ihres Mannes. Sicher ist aber, dass sie den Haushalt im sogenannten Schwarzen Kloster samt Vieh, Feldern und Einquartierung zahlender Studenten mit fester Hand führte. So ermöglichte sie es Luther, dass er sich in seine Studien, Briefe, Predigten stürzen konnte. Und sie nahm an den Tischgesellschaften teil, bei denen heftig diskutiert wurde.
Karoline Schuch spielt die geflohene Nonne Katharina, die sich in der Männerwelt außerhalb des Klosters zurechtfinden muss, als Frau ihrer Zeit. Auch sie braucht einen Mann, der ihr Überleben sichert. Sie lächelt kaum, ist zäh, zupackend und selbstbewusst, manchmal ein wenig eitel und herrisch. Und vor allem stark dann, wenn ihr Ehemann schwach ist.
Devid Striesow als Luther ist zunächst gewöhnungsbedürftig, bekannt ist er eher als Kommissar oder guter Kumpel. Doch er verkörpert Luther als einen Mann, der sich bis zur Besessenheit in seine Arbeit stürzt, keine Rücksicht nimmt auf Bauchkrämpfe und ein offenes Bein, der leidenschaftlich streitet und mit seinen Gefühlen gegenüber Gott ringt. Bilder von gefolterten aufständischen Bauern verfolgen ihn, gegen die Juden findet er harte Worte.
Doch gegenüber den Gefühlen seiner Frau wirkt Luther hilflos, sie macht die ersten Schritte zur Hochzeit und im Ehebett. Und der Tod der 13-jährigen Tochter Magdalena bringt ihn fast um Glauben und Verstand. Zusammen wollen Katharina und Martin «das ganze Leben», wie sie sich gegenseitig versichern.
Der Zuschauer ist immer nah dran, die Handkamera aus Perspektive der beiden Hauptdarsteller bestimmt den Film – ein Reformationsfilm ohne Thesenanschlag, Reichstag und Wartburg. Produziert wurde der Fernsehfilm von der Eikon, deren Gesellschafter evangelische Landeskirchen, Werke und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sind. Mit 40 Drehtagen und um die sechs Millionen Euro einschließlich Fördermitteln sei der Film gut ausgestattet, erklären die Produzenten Ernst Ludwig Ganzert und Mario Krebs.
Gezeigt wird der 105 Minuten lange Film an diesem Mittwoch (22. Februar) zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr im Ersten. 2017 wird an Luthers Veröffentlichung der 95 Thesen gegen die Missstände in der Kirche erinnert und vor allem an den Reformator selbst. So kommt wohl auch der Name «Katharina Luther» zustande, denn bekannt ist seine Frau als Katharina von Bora.
Source: Kirche-Oldenburg