Michael Winkel und Schulpfarrer und Kreisdiakoniepfarrer. Er hat sich in der WZ zum Thema der OB Wahl geäußert. Hier sein Text.

Kirche ist immer auch politisch!

Kirche und Politik- passt das zusammen? Das bewegt offenbar viele Menschen in Wilhelmshaven. Seit die Kandidaten für die Wahl des zukünftigen Oberbürgersmeisters in der Christus-und Garnisonkirche vorgestellt werden, gibt es dazu eine kontroverse Diskussion. Im Kern geht es dabei um zwei Themen: Soll oder darf Kirche hier in einem nichtkirchlichen Handlungsfeld aktiv sein und ist es angemessen, dass diese Informationsabende mit einer Andacht verbunden werden?

Ein Blick in die Religionsgeschichte zeigt sofort, dass es immer Kontaktflächen und Überschneidungen gegeben hat. Mose führt das Volk Israel aus der Gefangenschaft in die Freiheit- Sklaverei, Knechtschaft und Unterdrückung finden ein Ende. Jesus legt sich mit den Mächtigen seiner Zeit an und provoziert sowohl die religiösen wie auch die politischen Entscheidungsträger durch seine Worte und Taten, indem er sich konsequent für die Schwachen und Benachteiligten einsetzt- Gleichberechtigung, Inklusion und Vergebung von Schuld werden hier so vorgezeichnet, dass die Erzählungen davon noch heute aktuell klingen. Martin Luther steht auf gegen den Ablasshandel und gegen bestehende Machtstrukturen in der Kirche seiner Zeit, um in Diskussionen mit den Gebildeten seiner Zeit Reformen anzuregen- und sowohl Kirche als auch Staat verändern sich bis hin zum Entstehen einer neuen Kirche, die so zunächst gar nicht geplant war.

Und worum geht es in Wilhelmshaven? Um Information, Transparenz und die Möglichkeit der Mitgestaltung. Die Kandidatenvorstellungen und Gespräche mit den Bewerbern um das Amt des Oberbürgermeisters tragen dazu bei, verantwortungsbewusst eigene Entscheidungen bei der Wahl zu treffen. Die Stadtkirchengemeinde lädt dazu ein, dabei zu sein. Natürlich mit einer Andacht. Diese verbindet die zusammengehörenden Welten von Religion und Gesellschaft. Gebet und Segen verweisen auf das, was uns selbst nicht verfügbar ist. Wer das nicht will, darf sich auf anderen Wegen informieren.

Wo sich Kirche in der Gesellschaft zu Wort meldet, geht es immer wieder um Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung unserer Welt. Nicht nur exklusiv für Christen, sondern für die ganze Gesellschaft. Das passende Stichwort dazu lautet „kooperative Trennung von Staat und Kirche“.