Goslar (epd). Das vor elf Jahren gegründete Goslarer Bündnis gegen Rechtsextremismus steht wegen des bevorstehenden Neonazi-Aufmarsches an diesem Sonnabend nach eigenen Angaben vor seiner bislang «größten Herausforderung». Am 2. Juni wollen sich in der Stadt am nördlichen Harzrund Hunderte Neonazis zum sogenannten Tag der deutschen Zukunft versammeln. «Aus diesem Grund haben wir seit knapp einem Jahr unsere Aktivitäten deutlich verstärkt», teilte das Bündnis am Dienstag mit.
Rechtsextreme Parteien und Organisationen veranstalten seit zehn Jahren in unterschiedlichen Städten den «Tag der deutschen Zukunft». Er gilt als größtes Vernetzungstreffen der deutschen Neonazi-Szene. Zum Abschluss des Aufmarsches 2017 in Karlsruhe mit mehreren hundert Teilnehmern wurde verkündet, dass das Jubiläum der in der «Reichsbauernstadt» Goslar stattfinden solle. «Reichsbauernstadt» war der nationalsozialistische Titel für Goslar in den Jahren 1936 bis 1945.
Das Bündnis will mit einem «Marsch für Demokratie» gegen das Nazi-Treffen demonstrieren. Gewerkschaften, Kirchen und Parteien gehörten zu den Unterzeichnern des Goslarer Aufrufes gegen den «Tag der Deutschen Zukunft», sagte ein Sprecher. Zusätzlich hätten mehr als 100 Personen und Institutionen auf der Homepage des Bündnisses eine «Rote Karte gegen das rassistische Gedankengut der Neonazis» gestaltet. Außerdem hätten Initiativen aus vielen norddeutschen Städten ihre Teilnahme an den Protesten angekündigt.
Irritiert zeigte sich das Bündnis, dass sowohl die Goslar Polizeiführung als auch Teile der Stadtverwaltung davon ausgingen, «dass von unseren Gegenprotesten eine größere Gefahr ausgeht als von den Neonazis». Die Leiterin der Polizeiinspektion Goslar, Petra Krischker, hatte vergangene Woche laut Medienberichten erklärt, die Rechtsextremisten würden sich beim «Tag der deutschen Zukunft» an die von den Behörden vorgegebenen «Spielregeln halten». Die Stadt Goslar hatte von einem Verbot der Veranstaltung abgesehen.
Der Braunschweiger Polizeipräsident Michael Pientka und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) riefen die Teilnehmer der Demonstrationen zu Friedfertigkeit auf. Pientka sagte, er erwarte von den Teilnehmern, dass sie für ihre Anliegen friedlich einträten und sich von gewaltbereiten und gewalttätigen Gruppierungen distanzierten. Der GdP-Landesvorsitzende Dietmar Schilff erklärte, die GdP stehe für eine solidarische, vielfältige und gerechte Gesellschaft ein und engagiere sich selber gegen Ausgrenzung, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Populismus: «Das, was die Rechtsextremen da veranstalten – einen sogenannten Tag der deutschen Zukunft – hat nichts mit der Zukunft Deutschlands zu tun.» Ein intelligenter und kreativer Protest sei die einzig richtige Antwort darauf.
Auch der frühere niedersächsische Kultusminister und Landtagspräsident Rolf Wernstedt (SPD) begrüßte die Proteste. Neonazistische Gesinnung sei nicht nur undemokratisch, sondern auch geschichtsvergessen und gefährlich, schreibt Wernstedt in einem Gastbeitrag für die «Goslarsche Zeitung» (Dienstag). Der Goslarer Propst Thomas Gunkel schrieb, es werde nicht helfen, sich gegen alles Fremde abzuschotten. Das Mitgefühl mit Geflüchteten, Hungernden oder Kriegsopfern dürfe nicht verloren gehen.
Source: Kirche-Oldenburg