Wer bisher dachte, Gottesdienste seien was für die Mottenkiste, der sollte am Sonntag, 5. Februar, ins Staunen kommen. „Wir wollen Menschen ganze neu Lust machen, die Gottesdienste zu besuchen“, sagte Frank Morgenstern, Pastor in Wilhelmshaven und zugleich einer von zwei Gottesdienstberatern im Kirchenkreis Friesland-Wilhelmshaven im Vorfeld.  

Der Kirchenkreis nahm an einem Pilotprojekt der EKD teil, das den Gottesdienst wieder mehr in den Fokus nimmt. Und in Friesland und Wilhelmshaven klappte das ausgesprochen gut, denn am Sonntag, 5. Februar, nahmen alle 31 Kirchengemeinden teil, in 32 Kirchen fanden zwischen 9 Uhr und 19 Uhr besondere Gottesdienste statt. Wichtig war den Hauptamtlichen dabei, dass sich auch Menschen, die der Kirche nicht mehr nahe stehen, einladen lassen, diese Gottesdienste zu besuchen und selber auch Wünsche äußern, wie die Gestaltung zukünftig aussehen sollte. Kirche müsse verstärkt lernen, auf Menschen zuzugehen, sie willkommen zu heißen und das Gefühl des Angenommenseins vermitteln, sagte Kreispfarrer Christian Scheuer. Dass alle 31 Kirchengemeinden teilnehmen, sei einmalig bei diesem Projekt.

Im Vorfeld hatte es in Sande (Kreis Friesland) zum Beispiel ganz besondere Werbung gegeben, Mitarbeiter waren auf die Wochenmärkte gegangen, um dort mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Allerdings habe man die Erfahrung gemacht, dass viele zurückhaltend reagierten, berichtete Gertrud Wolters. Immerhin hatte es einige Wünsche gegeben, die im Gottesdienst aufgenommen wurden. „Hauptsache gesund“, habe man immer wieder gehört – in einer Dialogpredigt zwischen Pastor Gerd Pöppelmeier und Mitarbeiterin Nicole Schwenk wurde das Thema aufgegriffen. Auch in anderen Kirchengemeinden gab es besondere Verkündigungs- und Predigtformen. So wurde in der Stadtkirche in Jever zum Beispiel das Evangelium durch eine Konfirmandengruppe szenisch dargestellt. Weiterhin wurde viel Wert auf die musikalische Gestaltung gelegt. So wurde in Jever ein Projektchor gegründet, dessen Mitglieder sich in der gesamten Kirche verteilten und neue, unbekannte Lieder mit anleiteten. Die Besucher wurden zudem mit Gesang empfangen, Kreiskantor Klaus Wedel sang die Lieder mit einigen Sängern schon vorab und lud zum Mitmachen ein. Fast überall hatte es im Vorfeld größere Gruppen gegeben, die den Gottesdienst vorbereiteten.

Ein erster Erfolg war auf den ersten Blick zu sehen – es gab deutlich mehr Besucher als an „normalen“ Sonntagen. Dabei hatte man in Schortens durchaus Bedenken, denn es fand ein Nachmittagsgottesdienst in der Innenstadt während eines Straßenfestivals statt. Doch die Kirche blieb keinesfalls leer, im Gegenteil, sie war bis auf den letzten Platz besetzt. Voll wurde es auch in Wilhelmshaven–Fedderwardergroden: 500 Prozent Steigerung gegenüber dem Gottesdienst am vergleichbaren Sonntag im Vorjahr, davon 20 Prozent bisher unbekannte Besucher, meldete der stellvertretende Kreispfarrer Kai Wessels.  

Bei diesen Erfolgen soll es aber nicht bleiben. Vielmehr soll mit dem Projekt ein Prozess nach außen wie auch nach innen in Gang gesetzt werden, der zu einer Art Qualitätsmanagement führt. Viele neue Ideen zur zeitgemäßeren Gottesdienstgestaltung hat es bisher in den Vorbereitungsgruppen schon gegeben. In Kürze soll bereits eine erste Reflektion vorliegen, die dann in der Kreissynode am 25. März vorgestellt wird.

Annette Kellin
Source: Kirche-Oldenburg