Die Kirche brauche den Erfahrungsaustausch und die Kooperation mit anderen Institutionen, Organisationen und Bewegungen. Diese hätten alle gemeinsam eine Verantwortung für den Zusammenhalt, für das friedliche Zusammenleben in der Gesellschaft und für den Fortbestand einer lebendigen Demokratie, sagte Dr. Irmgard Schwaetzer, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), beim Adventsempfang der Evangelisch-Lutherischen Kirche Oldenburg am 5. Dezember in der Oldenburger St. Lamberti-Kirche. Viel Unruhe sei aus der Gewissheit entstanden, dass die bundesdeutsche Gesellschaft sich verändern werde. Es sei Zeit, über den Frust und die Wut zu reden, mit jedem und jeder, die dazu bereit sei, Wege zum friedlichen Zusammenleben zu finden, zu einer toleranten, offenen Gesellschaft. „Das ist nicht einfach, das braucht in unserer bisher so konsensorientierten Gesellschaft auch den Konflikt, den Einspruch immer dann, wenn Menschenwürde verletzt wird, wenn die gleiche Würde jedes Menschen in Frage gestellt wird.“
Seit Jahren beschäftige sich das Kirchenparlament der EKD mit rechtspopulistischen Gefährdungen, auch bei den Kirchenmitgliedern, so Schwaetzer. „Dabei merken wir: es gibt eine große Zurückhaltung, wirklich sehen zu wollen, was es an versteckten antisemitischen, antimuslimischen, an rassistischen Haltungen tatsächlich gibt.“ Es sei nicht zu akzeptieren, dass dadurch die Unsicherheit vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund – vor allem aber der jüdischen Geschwister – wachse, die sich fragten, ob dies noch ihr Land sei. „Wir haben Verantwortung auch dafür, dass jeder Mensch mit seinem Glauben, seinen Traditionen in Deutschland frei und unbehelligt leben kann – so garantiert es das Grundgesetz. Und wir müssen jederzeit dafür eintreten.“
In ihrem Vortrag zum Thema „Zukunft auf gutem Grund – Was nach dem Reformationsjubiläum geschehen muss“ zog Schwaetzer zunächst eine positive Bilanz. Die vielfältigen Erfahrungen aus dem Reformationsjubiläum könnten zu einem Aufbruch genutzt werden. Erfolgreich seien die kirchlichen Veranstalter dort gewesen, wo neue Kooperationspartner wie Bürgervereine, Volkshochschulen, Theater gesucht und sie mit neuen Formaten an neue Orte gegangen und wenn mentale oder tatsächliche Kirchenmauern verlassen worden seien. „Dann kamen auch die Menschen, die wir sonst nicht erreichen.“ Neben den Orten sei aber auch die kommunikative Haltung entscheidend gewesen.
Auffällig sei, dass Veranstaltungen, die dialogisch gestaltet waren, für Menschen außerhalb der Kerngemeinden interessant gewesen seien. „Wenn wir also die ‚Predigthaltung’ verlassen und stattdessen uns einlassen auf die Themen und Fragen, mit denen Menschen kommen, kommen wir auch ins Gespräch. Viele Menschen haben uns etwas zu sagen, nicht ausschließlich wir ihnen“, so Schwaetzer.
Die Frage nach dem gnädigen Gott, die Martin Luther noch den Schlaf geraubt habe, überfalle Menschen heute nicht mehr, aber viele blieben auf religiöse Themen ansprechbar, wenn ihre Sprache und ihre Fragen getroffen würden. Viel zu häufig komme es jedoch vor, dass sich auf kirchliche „Codes“ zurückgezogen werde, die zwar viel mit Tradition, aber wenig mit dem heutigen täglichen Leben zu tun hätten. Selbst im Osten Deutschlands, wo die große Mehrheit nichts mit der Kirche zu tun habe, habe sie nach anfänglicher Skepsis „eine wachsende Neugier auf das erlebt, wovon Christinnen und Christen sprechen“, sagte Schwaetzer.
In vier Wünschen für die Zukunft der Kirche fasste die Synodenvorsitzende die Beratungen der EKD-Synode Anfang November in Bonn zusammen. Zunächst gelte es, die vielfältige Beteiligung am Leben der Kirche zu fördern, „um die reformatorischen Inhalte noch deutlicher verständlich zu machen: z.B. bei Jungen, Alleinerziehenden, Großstadtmenschen, in ländlichen Gemeinschaften.“ Auch müsse über „neue Formate der Beteiligung und Zugehörigkeit nachgedacht werden“.
Wichtig sei es dabei, zeitgemäß zu kommunizieren. Dieser Aspekt beziehe sich sowohl auf die sprachliche Gestaltung der Inhalte als auch auf die Kommunikationsmittel. „Wir müssen reflektieren, wie sich angesichts einer säkularisierten und vernetzten Gesellschaft kirchliche Strukturen verändern (müssen) und den Herausforderungen der gewandelten Kommunikationsanforderungen kreativ begegnet werden kann.“
Weiterhin müsse die ökumenische Einheit vertieft werden, denn die „neue Offenheit füreinander“ ändere die Grundtonart des ökumenischen Gesprächs. „Es wird nicht zuerst gefordert, was der Partner noch ändern soll, sondern darüber nachgedacht, was in der je eigenen Tradition der Ökumene im Wege steht.“
Und schließlich ermunterte Schwaetzer, „Kirche neu zu denken“. In ihrer Fähigkeit, im Jahr 2017 mit anderen Institutionen, Organisationen wie Bewegungen zu kooperieren, habe die Kirche ihre Stärken erfahren. Darauf könne sie bauen, wenn sie die Probleme der Zukunft angehe, die sich aus der demografischen Entwicklung, den zurückgehenden Finanzen – kurz den Gegebenheiten der säkularen Gesellschaft ergeben. „Denn der Aufbruch, den wir wollen wird hoffentlich bald spürbar werden“, werde aber die Probleme „nicht auf die kurze Sicht“ lösen.
Eröffnet wurde der alljährliche Adventsempfang der oldenburgischen Kirche mit einer Andacht, die gemeinsam von Pfarrer Jan Janssen, Vertreter im Bischofsamt, Oberkirchenrätin Annette-Christine Lenk und Oberkirchenrätin Dr. Susanne Teichmanis gestaltet wurde. In seiner Predigt betonte Pfarrer Janssen, „wieviel wir in diesem Jahr im Neubesinnen auf den Anfang im Wort gelernt haben. Gerade im Oldenburger Land sind wir rausgegangen aus unseren Mauern, durften gemeinsam mit Nachbarkirchen in Bremen und Ostfriesland und in guter Ökumene mit dem Offizialat Vechta zusammen gestalten. Dazu haben wir neue Wege beschritten, ungewöhnliche Ideen kreiert im Crossover mit wunderbaren Partnern!“
Musikalisch umrahmt wurde der Adventsempfang durch den Konzertkinderchor, Jugendchor und Ensemble Concenti NordWest der Chorschule St. Ansgar Oldenburg unter der Leitung von Kantorin Birgit Wendt-Thorne sowie Kirchenmusikdirektor Tobias Götting an der Orgel.
Seit Jahren beschäftige sich das Kirchenparlament der EKD mit rechtspopulistischen Gefährdungen, auch bei den Kirchenmitgliedern, so Schwaetzer. „Dabei merken wir: es gibt eine große Zurückhaltung, wirklich sehen zu wollen, was es an versteckten antisemitischen, antimuslimischen, an rassistischen Haltungen tatsächlich gibt.“ Es sei nicht zu akzeptieren, dass dadurch die Unsicherheit vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund – vor allem aber der jüdischen Geschwister – wachse, die sich fragten, ob dies noch ihr Land sei. „Wir haben Verantwortung auch dafür, dass jeder Mensch mit seinem Glauben, seinen Traditionen in Deutschland frei und unbehelligt leben kann – so garantiert es das Grundgesetz. Und wir müssen jederzeit dafür eintreten.“
In ihrem Vortrag zum Thema „Zukunft auf gutem Grund – Was nach dem Reformationsjubiläum geschehen muss“ zog Schwaetzer zunächst eine positive Bilanz. Die vielfältigen Erfahrungen aus dem Reformationsjubiläum könnten zu einem Aufbruch genutzt werden. Erfolgreich seien die kirchlichen Veranstalter dort gewesen, wo neue Kooperationspartner wie Bürgervereine, Volkshochschulen, Theater gesucht und sie mit neuen Formaten an neue Orte gegangen und wenn mentale oder tatsächliche Kirchenmauern verlassen worden seien. „Dann kamen auch die Menschen, die wir sonst nicht erreichen.“ Neben den Orten sei aber auch die kommunikative Haltung entscheidend gewesen.
Auffällig sei, dass Veranstaltungen, die dialogisch gestaltet waren, für Menschen außerhalb der Kerngemeinden interessant gewesen seien. „Wenn wir also die ‚Predigthaltung’ verlassen und stattdessen uns einlassen auf die Themen und Fragen, mit denen Menschen kommen, kommen wir auch ins Gespräch. Viele Menschen haben uns etwas zu sagen, nicht ausschließlich wir ihnen“, so Schwaetzer.
Die Frage nach dem gnädigen Gott, die Martin Luther noch den Schlaf geraubt habe, überfalle Menschen heute nicht mehr, aber viele blieben auf religiöse Themen ansprechbar, wenn ihre Sprache und ihre Fragen getroffen würden. Viel zu häufig komme es jedoch vor, dass sich auf kirchliche „Codes“ zurückgezogen werde, die zwar viel mit Tradition, aber wenig mit dem heutigen täglichen Leben zu tun hätten. Selbst im Osten Deutschlands, wo die große Mehrheit nichts mit der Kirche zu tun habe, habe sie nach anfänglicher Skepsis „eine wachsende Neugier auf das erlebt, wovon Christinnen und Christen sprechen“, sagte Schwaetzer.
In vier Wünschen für die Zukunft der Kirche fasste die Synodenvorsitzende die Beratungen der EKD-Synode Anfang November in Bonn zusammen. Zunächst gelte es, die vielfältige Beteiligung am Leben der Kirche zu fördern, „um die reformatorischen Inhalte noch deutlicher verständlich zu machen: z.B. bei Jungen, Alleinerziehenden, Großstadtmenschen, in ländlichen Gemeinschaften.“ Auch müsse über „neue Formate der Beteiligung und Zugehörigkeit nachgedacht werden“.
Wichtig sei es dabei, zeitgemäß zu kommunizieren. Dieser Aspekt beziehe sich sowohl auf die sprachliche Gestaltung der Inhalte als auch auf die Kommunikationsmittel. „Wir müssen reflektieren, wie sich angesichts einer säkularisierten und vernetzten Gesellschaft kirchliche Strukturen verändern (müssen) und den Herausforderungen der gewandelten Kommunikationsanforderungen kreativ begegnet werden kann.“
Weiterhin müsse die ökumenische Einheit vertieft werden, denn die „neue Offenheit füreinander“ ändere die Grundtonart des ökumenischen Gesprächs. „Es wird nicht zuerst gefordert, was der Partner noch ändern soll, sondern darüber nachgedacht, was in der je eigenen Tradition der Ökumene im Wege steht.“
Und schließlich ermunterte Schwaetzer, „Kirche neu zu denken“. In ihrer Fähigkeit, im Jahr 2017 mit anderen Institutionen, Organisationen wie Bewegungen zu kooperieren, habe die Kirche ihre Stärken erfahren. Darauf könne sie bauen, wenn sie die Probleme der Zukunft angehe, die sich aus der demografischen Entwicklung, den zurückgehenden Finanzen – kurz den Gegebenheiten der säkularen Gesellschaft ergeben. „Denn der Aufbruch, den wir wollen wird hoffentlich bald spürbar werden“, werde aber die Probleme „nicht auf die kurze Sicht“ lösen.
Eröffnet wurde der alljährliche Adventsempfang der oldenburgischen Kirche mit einer Andacht, die gemeinsam von Pfarrer Jan Janssen, Vertreter im Bischofsamt, Oberkirchenrätin Annette-Christine Lenk und Oberkirchenrätin Dr. Susanne Teichmanis gestaltet wurde. In seiner Predigt betonte Pfarrer Janssen, „wieviel wir in diesem Jahr im Neubesinnen auf den Anfang im Wort gelernt haben. Gerade im Oldenburger Land sind wir rausgegangen aus unseren Mauern, durften gemeinsam mit Nachbarkirchen in Bremen und Ostfriesland und in guter Ökumene mit dem Offizialat Vechta zusammen gestalten. Dazu haben wir neue Wege beschritten, ungewöhnliche Ideen kreiert im Crossover mit wunderbaren Partnern!“
Musikalisch umrahmt wurde der Adventsempfang durch den Konzertkinderchor, Jugendchor und Ensemble Concenti NordWest der Chorschule St. Ansgar Oldenburg unter der Leitung von Kantorin Birgit Wendt-Thorne sowie Kirchenmusikdirektor Tobias Götting an der Orgel.
Source: Kirche-Oldenburg