Hannover (epd). Die Pflegeheime und Pflegedienste in Niedersachsen brauchen nach Ansicht der evangelischen Altenhilfe dringend mehr Nachwuchskräfte. «Wenn es so weitergeht wie bisher, haben wir im Jahr 2030 in Niedersachsen eine Pflegewüste», sagte der Vorstandsvorsitzende Christian Sundermann am Dienstag in Hannover. Sofern die Politik nicht schon jetzt gegensteuere, fehlten bedingt durch den demografischen Wandel in 15 Jahren landesweit rund 50.000 Pflegekräfte. Bundesweit seien es rund 500.000, sagte Sundermann bei der Jahrestagung des Niedersächsischen Evangelischen Verbands für Altenhilfe und Pflege.

Deshalb müsse der Pflegeberuf attraktiver werden. Eine zentrale Rolle spiele dabei die Bezahlung – nach wie vor bilde Niedersachsen hierbei das Schlusslicht unter den westdeutschen Bundesländern. Die Lösung könne nur in einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für alle Anbieter in Niedersachsen liegen. «Wir wollen keinen Wettbewerb um Löhne, sondern um Qualität, Menschlichkeit und gute Arbeitsbedingungen», unterstrich Sundermann.

Die allgemeine Entlohnung müsse dabei auf das Niveau steigen, das die evangelische Diakonie bereits jetzt zahle, ergänzte Jörg Reuter-Radatz vom Vorstand des Verbands. Eine examinierte Pflegekraft verdient bei der Diakonie nach seinen Angaben laut Tabelle 2.778 Euro plus Zulagen im Monat. Andere Anbieter zahlten bis zu 600 Euro weniger. Durch den hohen Anteil der privaten Anbieter von 63 Prozent seien die Gehälter in Niedersachsen im Schnitt besonders niedrig. Wenn sich daran nichts ändere, wanderten viele Nachwuchskräfte in andere Bundesländer ab.

Die Pflegebranche habe durchaus die Chance, viele junge Menschen zu gewinnen, sagte Reuter-Radatz. «Menschen, die Spaß daran haben, mit anderen Menschen etwas zu tun, sind in der Pflege richtig.» Damit der Beruf attraktiv bleibe, müssten Freiräume für menschliche Begegnung erhalten bleiben. Sie dürften nicht durch strikte Vorgabe etwa für Waschen oder Toilettengänge zunichtegemacht werden.

Nötig ist aus Sicht des Verbandes auch mehr Personal, um sterbende Menschen zu begleiten. «Wenn man diese Menschen allein lässt, darf man sich nicht wundern, wenn sie aktive Sterbehilfe in Anspruch nehmen möchten», sagte die stellvertretende Vorstandschefin Sabine Weber. Nach ihren Angaben sterben inzwischen rund 40 Prozent der Menschen in stationären Altenhilfe-Einrichtungen. Der zur Diakonie gehörende Verband ist der größte in der Altenhilfe tätige Wohlfahrtsverband in Niedersachsen. Er vertritt 287 ambulante und stationäre Einrichtungen mit rund 17.000 Beschäftigten.
Source: Kirche-Oldenburg