Hannover/Hildesheim (epd). Der niedersächsische Flüchtlingsrat hat angesichts der Sondersitzung des Landtages am Donnerstag in Hannover dringende Lösungen für mehr bezahlbaren Wohnraum gefordert. Flüchtlinge, Obdachlose, Studenten und Hartz IV-Empfänger konkurrierten zunehmend um immer weniger verfügbare Wohnungen, sagte Geschäftsführer Kai Weber am Mittwoch in Hannover. «Hier braut sich etwas zusammen, wenn wir nicht rechtzeitig politisch reagieren und dagegen etwas tun.» Der Landtag will am Donnerstag in einer zwölfstündigen Sitzung über die aktuelle Flüchtlingssituation debattieren.

Dringend würden neue Programme zur Wohnbauförderung, ähnlich wie in den 1950er Jahren benötigt, sagte Weber: «Der Bedarf ist beträchtlich.» Bisherige vage Absichtserklärungen der Politik auf Bundes- und Landesebene reichten nicht aus. So laufe das Wohnungsbauförderungsprogramm des Bundes 2019 aus. Anschlussprogramme gebe es bisher nicht.

Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) hielt der Kritik entgegen, die Landesregierung habe bereits ein Programm zur Wohnraumförderung von 400 Millionen Euro ins Leben gerufen, das über die NBank laufe. Das Land stocke die Wohnraumförderung damit um das Zehnfache auf. «Wir sind uns einig, dass angesichts der bekannten Bedarfe am Wohnungsmarkt in Ballungsräumen sowie angesichts des Eintreffens so vieler Flüchtlinge mehr Wohnraum geschaffen werden muss», sagte Rundt. Die 400 Millionen Euro werden Wohnungsbauunternehmen von der NBank zinsfrei zur Verfügung gestellt.

Weber forderte weiterhin, dass die Regelungen für die Unterbringung von Flüchtlingen flexibler werden müssten. «Bisher erfolgt die Unterbringung rigide, so dass bestimmten Ländern und Kommunen eine Quote zugewiesen wird mit teilweise abstrusem Ergebnis.» So müsse eine Gemeinde Container bauen, während in der Nachbargemeinde Wohnungen frei seien, die aber nicht angemietet werden dürften.

Auch müssten die Plätze in den überfüllten Erstaufnahme-Einrichtungen ausgebaut werden, sagte Weber. «Was sich im Moment abspielt, ist in der Tat chaotisch und untragbar.» Auch wenn sich die Verantwortlichen sehr bemühten, müssten Menschen teils bis zu acht Wochen auf ihre Registrierung warten.

Die Flüchtlinge lebten bis dahin irgendwo auf dem Gelände, häufig in Zelten und erhielten lediglich Sachleistungen. Die medizinische Versorgung sei nur im absoluten Notfall gegeben. Das verzögere die Integration und belaste auch die physische und psychische Verfassung der Menschen. Es fehle an qualifiziertem Personal. Der Schlüssel liege beispielsweise in der Einrichtung in Bramsche bei einem Betreuer für je 360 Flüchtlinge.

Ein Sprecher des Innenministeriums kündigte an, dass noch am Mittwoch Flüchtlinge aus den Erstaufnahmestellen auf weitere Notunterkünfte verteilt werden sollten. Noch in diesem Jahr werde eine weitere Erstaufnahmestelle geschaffen, Anfang 2016 solle eine weitere entstehen. Während in Niedersachsen im Jahr 2011 noch 5.000 Asylanträge gestellt wurden, rechne das Land in diesem Jahr mit bis zu 75.000. Aufgrund dieses Anstiegs könne nicht «von heute auf morgen» für Entspannung gesorgt werden.
Source: Kirche-Oldenburg