Hannover/Osnabrück (epd). Der Niedersächsische Flüchtlingsrat hat die Ergebnisse der Sondierungsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD kritisiert. Mit der Begrenzung der Flüchtlingszuwanderung auf 180.000 bis 220.000 Menschen pro Jahr sei «die endgültige Abkehr von einer Willkommenskultur hin zu einer Politik der Ausgrenzung und Abschreckung» erfolgt, sagte Geschäftsführer Kai Weber am Freitag in Hannover. Das Kinderhilfswerk terre des hommes in Osnabrück sprach von einem «faulen Kompromiss zulasten schutzbedürftiger Kinder» und einem Verstoß gegen das Grundgesetz.

Der Kompromiss sei ist eine große Enttäuschung, sagte der Vorstandssprecher von terre des hommes, Jörg Angerstein. Die weitere Aussetzung des Familiennachzugs treffe besonders die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge und verstoße gegen die Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention. «Kinder brauchen ihre Eltern», unterstrich er.

«Das Wohl jedes einzelnen Kindes muss in Bezug auf den Familiennachzug geflüchteter Kinder und Jugendlicher eine zentrale Rolle spielen», sagte Angerstein. Zahlreiche Studien belegten, dass die psychische Belastung einer Trennung für die ganze Familie oftmals Ursache für Depressionen oder gar Suizid sei. «Menschen, die um ihre Familien bangen, integrieren sich schlechter und haben mehr Probleme, die deutsche Sprache zu erlernen.»

Auch Weber vom Flüchtlingsrat kritisierte die Einigung auf einen «geordneten» und «gestaffelten» Familiennachzug. Laut der Vereinbarung dürften pro Monat maximal 1.000 Angehörige kommen. Bei rund 60.000 Familienangehörigen bedeute dies, dass ein Nachzug dieser Menschen in fünf Jahren noch nicht abgeschlossen sei. Außerdem kämen neue Flüchtlinge hinzu.

Seit 2016 stelle der Flüchtlingsrat fest, dass die Schutzquoten für die Hauptherkunftsländer der Geflüchteten sinken, sagte Weber. Das liege jedoch nicht daran, dass sich die Situation vor Ort verbessert habe. In vielen Ländern, etwa in Afghanistan, sei das Gegenteil der Fall. Die Behörden verschärften lediglich die Kriterien der Anerkennung von Flüchtlingen.
Source: Kirche-Oldenburg