Eine große Kirche in Südniedersachsen – grad ist der Festgottesdienst zu Ende gegangen. Feierlich wurde im Gottesdienst die goldene Festtagsseite des Flügelaltars aufgeklappt.

Auf den Altarstufen stehen nun eine Frau und ein kleiner Junge, betrachten gebannt die glänzenden geschnitzten Heiligenfiguren, die in einem goldenen gotischen Chorgestühl stehen – alle brav in einer Reihe. In der Mitte sitzt die gekrönte Maria; ihr gegenüber thront ihr Sohn.

Auf diesen goldenen Christus deutet nun der kleine Junge, schaut zu der Frau neben ihm hoch und fragt: „Du, Oma, ist das jetzt der Froschkönig?“ Ich stehe in einiger Entfernung, muss lächeln und kann leider nicht verstehen, was die Großmutter antwortet.

Als ich später nach Hause gehe, denke ich noch einmal nach über den Froschkönig. Mir fällt die Szene mit der Kutsche ein: Der König ist nicht mehr im Froschkörper gefangen, sondern sitzt in der Hochzeitskutsche mit seiner Braut. Da kracht es. Der Diener beruhigt die Insassen der Kutsche: „Nein, der Wagen bricht nicht! Es sind nur die Eisenbänder, die aus Schmerz um mein Herz gelegt waren, als ihr noch ein Frosch wart!“ „Gar nicht schlecht, die Idee mit dem Froschkönig!“, denke ich und fange an zu singen: „Jesus ist kommen, nun springen die Bande; Stricke des Todes, die reißen entzwei!“

 

Natascha Faull, Vikarin an der Christus- und Garnisonkirche Wilhelmshaven

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