Ihr Abitur haben sie gerade in der Tasche, jetzt leben sie für ein Jahr in Wittenberg. Insgesamt 81 Jugendliche und junge Erwachsene sind am Montag, 14. November, von Bischof Jan Janssen aus Oldenburg in der Wittenberger Stadtkirche als Freiwillige beziehungsweise „Volunteers“ für das Reformationsjubiläum 2017 eingesegnet worden. Ein Jahr lang werden Johann-Hendrik Immel, Clara Morgenstern, Jasmin Schol und Rieke Thormälen einen Bundesfreiwilligendienst in der Lutherstadt absolvieren. Wie es dazu kam?
„Ich bin seit fünf Jahren in der Evangelischen Jugend“, sagt der 19jährige Johann-Hendrik Immel aus Varel. Doch dann kam das Abitur, und die Idee, vor dem Studium erst einmal etwas anderes zu machen. „Unser Diakon hat mir dann die Ausschreibung für die Volunteerdienste in Wittenberg gezeigt – da habe ich mich beworben.“ Ähnlich ging es Rieke Thormälen aus Brake. „Ich wollte sowieso ein FSJ machen, da kam die Rundmail aus Brake gerade recht.“
Die Abende werden oft gemeinsam verbracht
Nun leben die jungen Leute aus dem Oldenburger Land in Dreier-Wohngemeinschaften in einer Plattenbausiedlung in Wittenberg. „Dass die Straße ‚Straße der Völkerfreundschaft’ heißt, ist eigentlich recht passend“, findet Clara Morgenstern aus Wilhelmshaven. Nahezu alle Freiwilligen sind dort untergebracht. Und tatsächlich werden die Abende oft gemeinsam verbracht – „wenn man kocht, sind da auf einmal 30 Leute in der Küche“, sagt Johann-Hendrik Immel.
„Das ist total cool – man ist ständig in anderen WGs“, sagt die 18jährige Jasmin Schol aus Uplengen. Die jungen Leute aus dem Oldenburger Land lernen ständig neue Leute kennen, es herrscht Teamgeist und neue Freundschaften entstehen.
Vielfältige Aufgaben
Und die Arbeit? „Wir helfen bei der Vorbereitung der Konfi- und Jugendcamps, bei der Vorbereitung der Weltausstellung der Reformation und in der Geschäftsstelle“, sagt Jasmin Schol. Ganz konkret habe sie am letzten Freitag zum Beispiel einen Text für die Newsseite des Kirchentags geschrieben. Clara Morgenstern war dagegen in der Schlosskirche, half in der Besucherbetreuung und beim Souvenirverkauf. „Da merkt man erst einmal, dass jedes kleine Schild dort auch von irgendwem geschrieben, ausgedruckt und aufgeklebt wurde.“
Rieke Thormälen nahm an einem Seminar im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes teil und Johann-Hendrik Immel war mit der Vorbereitung von Wohnungen für die nächsten, im Januar beginnenden Volunteers beschäftigt. „Ganz generell ist es toll, welche Selbständigkeit wir hier haben“, sagt Jasmin Schol. „Wir dürfen viel alleine machen, das ist etwas komplett anderes als in der Schule.“ Zudem lerne man etwas fürs Leben. „Ich musste schon viele Pakete ins Ausland schicken“, sagt Rieke Thormälen. „Da habe ich erst einmal gemerkt, was eine Zollerklärung ist – zu Hause habe ich mich damit nie beschäftigen müssen.“ Für die Hauptamtlichen des Reformationsjubiläums seien die Freiwilligen „im Grunde unentbehrlich“, sagt Immel. „Hier wissen alle, dass es ohne uns nicht läuft.“
Neuer Blick auf Reformator Martin Luther
Einen neuen Blick bekommen die jungen Leute aus dem Oldenburger Land bei ihrem Freiwilligendienst auch auf den Reformator Martin Luther. „Mir war Martin Luther bislang gar nicht so präsent“, sagt Rieke Thormälen. „Hier in Wittenberg nimmt man viel stärker wahr, was damals eigentlich passiert ist.“ „Dass er sich getraut hat, als Einzelner gegen die Kirche aufzustehen, das ist das, was ich so spannend finde“, sagt Johann-Hendrik Immel. Und für Clara Morgenstern ist es einer der wichtigsten Effekte der Reformation, dass Menschen aufgefordert werden, Dinge zu hinterfragen – zum Beispiel schon im kommenden Jahr, wenn in Wittenberg die Weltausstellung aus Anlass des Reformationsjubiläums beginnt.
Ein Beitrag von Benjamin Lassiwe.
Source: Kirche-Oldenburg