Frankfurt a.M./Hannover (epd). Bundespräsident Joachim Gauck und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) haben die EU zu größeren Anstrengungen aufgefordert, um weitere Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer zu verhindern. «Ich meine Europa insgesamt könnte und sollte mehr tun», sagte Gauck der «Süddeutschen Zeitung» (Samstagsausgabe). Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm verlangte auf der Synodentagung in Würzburg, Deutschland müsse sich für ein umfassendes EU-Seenotrettungsprogramm einsetzen.

Gauck sprach sich dafür aus, mehr legale Zugangswege nach Europa zu schaffen und sich auf eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge zu verständigen. Daneben sei es aber auch wichtig, kriminellen Schleusern das Handwerk zu legen und die Fluchtursachen in den Herkunftsländern zu bekämpfen.

Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm drängte ebenfalls auf legale Wege für Flüchtlinge nach Europa und eine energische politische Initiative zur Beseitigung der weltweiten Fluchtursachen.
Flüchtlingspolitik dürfe nicht nur kurzfristiges Krisenmanagement sein, sagte der oberste Repräsentant von 23 Millionen Protestanten am Samstag bei der Tagung des EKD-Kirchenparlaments. Er verteidigte zugleich die Praxis des Kirchenasyls, auch wenn sie sich gegen das sogenannte Dublin-System richtet. Angesichts der unterschiedlichen humanitären Standards in Europa seien Abschiebungen in einige der eigentlich zuständigen Länder unverantwortlich.

Unterdessen erhöhen die Länder vor dem für Freitag geplanten Flüchtlingsgipfel den Druck auf den Bund, sich stärker an den Kosten für die Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu beteiligen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte eine schnellere Abwicklung von Asylverfahren für Flüchtlinge aus dem Kosovo und eine personelle Aufstockung des Bundesamts für Migration.

Weil wies in einem Interview mit der in Hannover erscheinenden «Neuen Presse» (Samstagsausgabe) darauf hin, dass die Anträge ohnehin zu 99 Prozent abgelehnt würden. Derzeit dauerten die Verfahren zum Teil noch länger als ein Jahr, obwohl auch den Antragstellern klar sei, dass sie kein Recht auf Asyl hätten. Ziel müsse sein, spätestens nach einem Vierteljahr eine rechtskräftige Entscheidung zu haben.

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte dem Hamburger Nachrichtenmagazin «Der Spiegel», die Bundesregierung müsse Ländern und Kommunen mit mindestens einer Milliarde Euro zusätzlich unter die Arme greifen. «Die steigende Zahl der Flüchtlinge verlangt nach einer nationalen Kraftanstrengung», sagte Söder. Für die Länder sei bei der Flüchtlingsversorgung jetzt die «Schmerzgrenze» erreicht. Der Bund, der bisher eine Milliarde Euro beisteuere, müsse diese Summe «mindestens verdoppeln».

Söder widersprach Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), der die Bereitschaft signalisiert hatte, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Deutschland sei ein reiches Land und christlich geprägt, betonte er: «Unsere Hilfsfähigkeit kommt allerdings an ihre Grenzen.» Für den 8. Mai hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Spitzentreffen ins Kanzleramt eingeladen. Dabei soll es um die steigenden Kosten der Unterbringung und die Integration von Flüchtlingen gehen.
Source: Kirche-Oldenburg