Erneut mussten Gedenkstätten in Niedersachsen und Bremen teilweise Schließungen durch die Corona-Pandemie hinnehmen. Dadurch sanken Besuchszahlen. Hoch bliebt das Interesse von Schulen. Online-Angebote wurden ausgebaut, wie eine epd-Umfrage zeigt.
Celle, Esterwegen, Bremen (epd). Die Corona-Pandemie hat 2021 erneut für niedrigere Besuchszahlen in den Gedenkstätten an Opfer der NS-Zeit in Niedersachen und Bremen gesorgt. In die Gedenkstätte an das frühere Konzentrationslager Bergen-Belsen sind nach Angaben von Sprecherin Stephanie Billib bis Ende November rund 100.000 Menschen gekommen. Vor der Pandemie hatten Besuchszahlen Hochrechnungen zufolge deutlich über 200.000 pro Jahr gelegen. Auch bei anderen Gedenkstätten in Niedersachsen sowie dem Bremer Bunker Valentin wirkten sich erneute Einschränkungen und zeitweilige Schließungen aus, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab.
Während in Bergen-Belsen zumindest das Außengelände zugänglich blieb, war etwa die Gedenkstätte Esterwegen mehr als drei Monate lang komplett zu, wie Landkreis Sprecherin Anja Rohde sagte. Die Gedenkstätte, die an 15 Konzentrations-, Straf- und Kriegsgefangenenlager der Nazis im Emsland erinnert, verzeichnete in diesem Jahr bisher rund 7.630 Besucherinnen und Besucher und damit weniger als 2020.
In die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel kamen laut Billib bis Ende November rund 1.160 Menschen. Das waren einige Hundert weniger als im vergangenen Jahr. Das Dokumentationszentrum, das in der JVA an die Geschichte von Justiz und Strafvollzug im Nationalsozialismus erinnert, war im November 2019 eröffnet worden. Auch im Bremer Bunker Valentin sanken die Besucherzahlen.
Gut genutzt wurden nach Angaben der Leiterin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Elke Gryglewski, die Online-Angebote der Gedenkstätten. „Aber der Besuch vor Ort hat noch eine andere Kraft“, sagte sie. Viele Gedenkstätten sind mittlerweile auch in den sozialen Medien präsent. Esterwegen beispielsweise hatte bei Angeboten auf Facebook, Twitter und Instagram Schwerpunkte wie die Entstehung des Liedes der Moorsoldaten und die Erinnerung an den Schriftsteller und Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky, der von 1934 bis 1936 in dem Lager inhaftiert war.
Ungebrochen hoch ist das Interesse von Schulen an Führungen. Für Bergen-Belsen sagte Sprecherin Billib: „Da kommen wir kaum hinterher und sind bis Ende 2023 ausgebucht.“ 286 Schulgruppen wurden in der Gedenkstätte seit dem 1. September wieder vor Ort betreut. Angebote der Gedenkstätte Esterwegen nutzten rund 1.580 Schülerinnen und Schüler aus insgesamt 58 Schulklassen.
Von einem „extremen Interesse“ von Schulklassen sprach der wissenschaftliche Leiter des NS-Bremer Denkortes Bunker Valentin, Marcus Meyer. Der Bunker wurde ab Mitte 1943 von Tausenden Zwangsarbeitern errichtet, um dort U-Boote zu montieren, ist aber nie fertig geworden. Er ist heute eine nationale Gedenkstätte.
In Bergen-Belsen als der größten Gedenkstätte in Niedersachsen machten sich auch fehlende Sonderausstellungen und ein weitgehender Wegfall internationaler Gäste bemerkbar, wie Billib erläuterte. Die zentrale Gedenkfeier an die Befreiung des KZ war 2021 erneut verschoben worden. Im kommenden Jahr ist sie für den 8. Mai geplant. Ob eine Einladung an die Überlebenden des Lagers möglich sein wird, ist dabei erneut offen. In Bergen-Belsen starben mehr als 52.000 KZ-Häftlinge und rund 20.000 Kriegsgefangene. Am 15. April 1945 befreiten britische Truppen das Lager.
epd
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Gedenkstätten: Erneut weniger Besucher in der Pandemie