Nordstemmen/Kr. Hildesheim (epd). Die Celler Generalstaatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen einen Mann aus Nordstemmen bei Hildesheim aufgenommen, der während des Zweiten Weltkriegs als SS-Mann an einem Massaker in Nordfrankreich beteiligt gewesen sein soll. Demnach habe die 12. SS-Panzerdivision «Hitlerjugend» in der Nacht zum 2. April 1944 in dem Ort Villeneuve d’Asq nahe der Stadt Lille insgesamt 86 Männer, Frauen und Jugendliche im Alter von 15 bis 75 Jahren erschossen, bestätigte Oberstaatsanwalt Bernd Kolkmeier am Montag einen Bericht der «Hildesheimer Allgemeinen Zeitung». Derzeit werde geprüft, ob es zu einer Anklage wegen Beihilfe zum Mord vor dem Hildesheimer Landgericht kommen werde.
Der 94-Jährige hat den Angaben zufolge als Unteroffizier in der Aufklärungsabteilung der SS-Einheit gedient. Es sei ein umfangreiches Verfahren mit mehreren 1.000 Seiten Lektüre, sagte Kolkmeier dem epd. Die Generalstaatsanwaltschaft ziele jedoch auf einen Verfahrensabschluss in diesem Jahr. Gegen den Mann habe es bereits in den Nachkriegsjahren in Frankreich ein Verfahren in Abwesenheit gegeben, sagte Kolkmeier. Details über die damalige Verurteilung könnten derzeit aber nicht genannt werden.
Dem Zeitungsbericht zufolge hatte der Mann bei einer Razzia in seiner Wohnung im Jahr 2016 zugegeben, selbst geschossen zu haben. Die Staatsanwälte gingen davon aus, dass der Mann noch verhandlungs- und schuldfähig sei. Zunächst habe die Staatsanwaltschaft Dortmund gegen ihn und weitere Beschuldigte ermittelt, weil dort die «Zentralstelle des Landes Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen» angesiedelt sei. Diese habe den Fall dann zunächst an Hildesheim abgegeben. Die Celler Generalstaatsanwaltschaft habe den Fall übernommen, weil sie in Oberstaatsanwalt Jens Lehmann einen Fachmann sehe.
Lehmann hatte bereits im aufsehenerregenden Prozess gegen den ehemaligen SS-Mann Oskar Gröning in Lüneburg die Anklage geführt. Der als «Buchhalter von Auschwitz» bekannte Gröning wurde im Juli 2015 vom Landgericht Lüneburg wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig – der Bundesgerichtshof wies Ende November Revisionsanträge der Verteidigung und der Nebenklage ab.
Source: Kirche-Oldenburg