Unmittelbar angrenzend an die Kapelle hat die Karl-Jaspers-Klinik in Wehnen jetzt nach gut einem halben Jahr Bauzeit einen neuen Treffpunkt Seelsorge erhalten. Am Freitag, 17. Juli, wurde der rund 70 Quadratmeter große achteckige Rotklinkerbau mit einem Gottesdienst eingeweiht. Hier stehen den Patientinnen und Patienten evangelische und katholische Seelsorgende zur Seite. Während der Neubauphase war die Seelsorge räumlich an den Rand des Klinikareals gerückt, jetzt ist sie wieder mittendrin. „Von der Lage her ist der Treffpunkt Seelsorge mit der Kapelle tatsächlich der Mittelpunkt des Geländes“, so Architekt Ulrich Bolte. Der Neubau ergänze nicht nur die Ende der 1980er Jahre gebaute Kapelle, sondern füge sich in das Gesamtensemble ein. Zum Altbau hatte auch ein Café gehört, das jetzt direkt an den Wasserturm angebaut worden ist. Dadurch konnte rund um den Neubau ein kleiner Grüngürtel entstehen, der sich, so Jörg Roth, technischer Leiter der Karl-Jaspers-Klinik, an den historischen Vorbildern und der bestehenden Gartenanlage orientiere.
Patientinnen und Patienten, Angehörige und auch das Personal der Klinik können im Treffpunkt Seelsorge Kraft tanken. „Sie finden ein offenes Ohr, freundliche Worte, einen Moment der Stille und vielleicht auch einen Segen als Wegzehrung.“, beschreibt es Pfarrerin Tanja Bödeker, evangelische Seelsorgerin der Klinik. Jeder Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik stelle Patientinnen, Patienten und Angehörige vor eine besondere Situation. Da sei es hilfreich, sich über das, was belastet, auszusprechen und auszutauschen. Die Seelsorge sei daher wichtiger Anlaufpunkt.
Die Geschichte des Elia (1. Könige 19, 1-8), der erst so erfolgreich war, nur um kurz darauf um sein Leben fürchten zu müssen und alles zu verlieren, bildete den Ausgangspunkt für den Gottesdienst. Während er erschöpft in der Wüste schläft, stellt ein Engel Brot und Wasser für ihn hin. „So hat er eine Speise von Gott bekommen – eine Götterspeise“, erklärte Bödeker. Die Geschichte passe in die Klinik und zum neuen Treffpunkt Seelsorge, betonte Kreispfarrerin Ulrike Hoffmann in ihrer Predigt, die sie gemeinsam mit Dechant Christoph Sibbelt hielt. „Die Seelsorge lässt sich vergleichen mit der Götterspeise von Elia – sie ist einfach da, ohne dass wir uns kümmern müssen. Sie wird uns geschenkt, wenn wir am Ende sind.“ Zu den Boten, die diese Götterspeise austeilten, gehörten auch die Seelsorgerinnen und Seelsorger, so Hoffmann weiter. Sie machten die leise Hoffnung, dass noch etwas kommen könne, das Essen und Trinken lohne. Elia könne ein Sinnbild sein für die Lebenswege vieler heutiger Menschen, beschrieb Sibbelt. „Die Fernsehbilder der Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre haben sich mir eingeprägt als ein Synonym für die schwankenden Lebensverhältnisse in unserer Zeit.“ Da brauche man einen sicheren Ort, an dem man zu sich selbst finde und zu Perspektiven für das Leben. Es sei ideal, wenn in einer Klinik ein Ort der Ruhe entstehe, der etwas abseits vom manchmal stressigen Klinikalltag liege. „Wo nicht Verordnungen, Sach- und Sparzwänge die allererste Rolle spielen, sondern einfach nur zugehört und geredet wird.“ Das Gespräch, die Begegnung, das Zwischenmenschliche solle in dem neuen Treffpunkt Seelsorge die entscheidende Rolle spielen. Dies sei eine „heilende Art des Miteinanders“. Am Ende heißt es über Elia: Und er stand auf, aß und trank und ging (…) bis zum Gottesberg. „Von dieser Hoffnung lebt Seelsorge, lebt jede Heilung“, so Hoffmann. „Dass die Wüste ein Ende hat und die Kraft reicht für den Weg.“ Der rote Faden der Predigt wurde auch beim anschließenden Empfang aufgegriffen: Zwei große Schalen mit Götterspeise warteten auf die Gäste.
Mehr als nur eine einzige symbolische Bedeutung haben auch die Kreuze, die künftig in den Räumen hängen werden: Sie sind in Form einer Blume gestaltet, die, so erklärte es Diakon Bruno Korbmacher, aus einer Sackgasse wächst. Hergestellt wurden die Kreuze von Patientinnen und Patienten im Rahmen der Arbeitstherapie der Forensik.
Anke Brockmeyer
Source: Kirche-Oldenburg