Einbrüche bei Getreide, Raps und Grünland, aber eine Steigerung beim Obst und vielen Gemüsesorten: Trockenheit und Hitze haben sich unterschiedlich auf die Ernte ausgewirkt. Das Landvolk fordert Hilfen vom Staat – Bund und Land reagieren prompt.
Hannover/Berlin (epd). In Niedersachsen haben die lange Trockenperiode und weniger Anbauflächen offenbar zu erheblichen Einbußen bei der Raps- und Getreideernte geführt. Bei der Getreideernte wurden nach vorläufigen Berechnungen in diesem Jahr 4,7 Millionen Tonnen eingefahren, wie das Landesamt für Statistik am Mittwoch mitteilte. Dies bedeute einen Rückgang von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Rapsernte fiel sogar um 24 Prozent geringer aus. Die Getreideanbaufläche verringerte sich gegenüber 2017 um gut sechs Prozent, die Rapsanbaufläche ging um knapp 18 Prozent zurück. In ihrer Existenz bedrohte Betriebe können allerdings auf Hilfen des Landes und des Bundes hoffen.
Der niedersächsische Landvolk-Präsident Albert Schulte to Brinke sagte, in früheren Jahrhunderten hätte eine Trockenheit wie 2018 eine Hungerkatastrophe ausgelöst. Er sprach von «zum Teil katastrophalen Verlusten» bei der Maisernte. Aktuell bemerke der Verbraucher bei gut gefüllten Warenregalen in den Supermärkten weder in Menge, Qualität noch beim Preis die Folgen der Trockenheit. Die Landwirte unterstützten sich gegenseitig, fügte Schulte to Brinke hinzu: «Notsituationen beflügeln die Selbsthilfe». Wo diese aber an ihre Grenzen gelange, müsse der Staat konkrete Hilfen anbieten.
Diese Hilfen sicherte am Mittwoch Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) zu. Die Landesregierung stelle umgehend fünf Millionen Euro Soforthilfe bereit, die vom Bund um weitere fünf Millionen ergänzt werden, sagte Otte-Kinast im Landtag in Hannover. Insgesamt rechne sie in Niedersachsen mit Schäden von bis zu 80 Millionen Euro. «Bis zu 50 Prozent davon sollen für Betriebe, die in ihrer Existenz bedroht sind, ausgeglichen werden.» Erste Zahlungen könnten im Dezember die Betriebe erreichen, das restliche Geld wollen Bund und Land im kommenden Jahr bereitstellen.
Von den Dürreschäden seien die Region Lüneburg, einige Kreise in Küstennähe sowie der Kreis Vechta besonders stark betroffen, hieß es. Ausbleibender Niederschlag und eine zum Teil geringe Speicherkapazität des Bodens für Feuchtigkeit hätten in diesen Gebieten beim Getreide zu Ertragseinbußen zwischen 30 und 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr geführt. In den Regionen Braunschweig und Hannover seien die Getreideerträge um etwa 15 bis 20 Prozent zurückgegangen. Eine Ernte auf dem Niveau des Vorjahres verzeichneten lediglich die Kreise Grafschaft Bentheim, Emsland und Leer. Sie profitierten von einigen Gewitterschauern.
Auch die Grundfutterernte ist nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes massiv eingebrochen. «Vom Grünland konnte oft nur der erste Schnitt eingebracht werden. Vielerorts fielen der zweite und dritte Schnitt komplett aus», sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied in Berlin. Die Ausfälle beim Grünland würden regional auf bis zu 75 Prozent geschätzt, besonders betroffen seien die ostdeutschen Regionen und der Norden. Milchviehhalter verfütterten bereits ihre Wintervorräte und müssten Futter zu hohen Preisen zukaufen.
Die Betriebe im Obst- und Gemüsebau konnten die Folgen der Trockenheit nach Verbandsangaben in vielen Fällen mit Bewässerung abschwächen. Bei Äpfeln, Kirschen, Pflaumen und Zwetschgen werde sogar eine bessere Ernte als 2017 erwartet. Beim Gemüse habe die diesjährige Erntesaison nach den niedrigen Frühjahrstemperaturen etwas später begonnen, sie sei im weiteren Verlauf durch hohe Temperaturen aber «mehr als ausgeglichen» worden. Ernterückgänge verzeichnet der Bauernverband jedoch bei Zwiebeln, Möhren und Salaten.
Source: Kirche-Oldenburg