Organspende muss aus Sicht der Kirchen eine freiwillige Entscheidung bleiben. Zugleich mahnten sie eine persönliche Klärung an: Wer im Ernstfall ein Spenderorgan annehmen würde, müsse sich überlegen, ob er selbst auch bereit sei, zu spenden.

Hannover/Berlin (epd). Die leitenden evangelischen Theologen in Niedersachsen und Bremen haben die Entscheidung des Bundestags für eine erweiterte Zustimmungsregelung bei der Organspende begrüßt. «Aus meiner Sicht darf niemand zu einer Entscheidung gezwungen werden», betonte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister am Donnerstag nach der Abstimmung in Berlin. Die Organspende sei «eine Entscheidung, die in die tiefsten Schichten der menschlichen Seele hinuntersteigt», sagte er. «Ich muss mich mit meinem Ende auseinandersetzen, mit Sterben und Tod.» Er selbst trage seit Jahren eine kleine Karte zur Organspende bei sich.

Der Bundestag hatte am Vormittag im Grundsatz die geltende Regelung zur Organspende bestätigt. Organe und Gewebe dürfen nach dem Tod nur entnommen werden, wenn die betreffende Person dem zu Lebzeiten zugestimmt hat, einen Organspendeausweis besitzt oder die Angehörigen der Entnahme zugestimmt haben. Eine sogenannte Widerspruchsregelung hatten die Abgeordneten zuvor abgelehnt. Danach wäre jeder potenziell ein Spender geworden, der zu Lebzeiten nicht widersprochen hätte. In Deutschland warten rund 9.000 Menschen auf ein lebensrettendes Spenderorgan.

«Eine Spende bleibt eine Spende», kommentierte der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit. Die eigentliche Debatte um die Zukunft der Organspende habe jetzt erst begonnen. «Wir werden in der Konfirmandenarbeit, im Religionsunterricht, in Gottesdiensten und mit unserer kirchlichen Bildungsarbeit dazu einen offensiven und wichtigen Beitrag leisten.» Die Kirche wolle daran mitwirken, dass die Spendenbereitschaft wachse, betonte der Bischof. Auch er führe stets einen Organspendeausweis bei sich.

Der schaumburg-lippische Landesbischof Karl-Hinrich Manzke würdigte, es habe sich erneut bewährt, dass in der wichtigen ethischen Frage bei der Abstimmung der Fraktionszwang aufgehoben worden sei und die Gewissensbildung der Abgeordneten eine entscheidende Bedeutung bekommen habe. Er sei froh, dass die erweiterte Zustimmungsregelung eine breite Mehrheit bei den Abgeordneten bekommen habe. Damit würden wichtige Anliegen gestärkt. Es gehe darum, die aus Umfragen hervorgehende hohe Spendenbereitschaft auch zu sichern und regelmäßig anzusprechen. «Denn es warten zu viele zu lange auf ein Organ.»

Auch der Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche in Leer, Martin Heimbucher, lobte die «anspruchsvolle ethisch-politische Entscheidung» im Parlament. Er appellierte an alle Bürger, sich verbindlich dem Thema Organspende auseinanderzusetzen. Wer als Betroffener ein Spenderorgan annehmen würde, müsse sich auch zu der Frage äußern, ob er selber zur Spende seiner Organe bereit wäre.

Der leitende bremische Theologe, Bernd Kuschnerus, unterstrich, dass auch der tote Mensch eine Würde und das Grundrecht auf einen unversehrten Körper habe. «Die Widerspruchslösung hätte ich als Holzhammer-Methode empfunden.» Ein Zweckdenken im Umgang mit Toten und Sterbenden entspreche nicht seinem christlichen Menschenbild.

Für den Braunschweiger Bischof Christoph Meyns ist eine freiwillige Organspende «ein herausragender Akt der Nächstenliebe». Meyns betonte: «Allen, die sich dazu entschließen, gebührt mein größter Respekt.» Gerade deswegen sollte es auch eine persönliche Gewissensentscheidung bleiben: «Der Staat sollte hier den Anschein jedweder Repression vermeiden.»

Source: Kirche-Oldenburg