Konfirmationskarten bewegen sich im Raum zwischen Kitsch und Kunst. Dem Oldenburger Volkskundler Kurt Dröge sind Grußkarten zur Konfirmation zur Leidenschaft geworden. Mehr als 10.000 Karten hat er gesammelt, von der filigranen Aufziehkarte bis hin zur bunten Pop-Karte. Die ältesten Karten stammen aus der Zeit um 1890, als die Karten erstmals industriell in Serien gedruckt wurden. Daraus wurde rasend schnell eine richtige Industrie. „Luxuspapier“ wurden die Karten damals genannt. „Jede Druckerei in den evangelischen Gebieten hatte das damals in Angebot“, sagt Dröge.
Lange hat Dröge nach noch älteren Karten gesucht. Schließlich wurde der Brauch der Konfirmation erstmals bereits 1539 in der hessischen Ziegenhainer Kirchenzuchtordnung formuliert. Doch vergeblich. Erst als die Post an Bedeutung gewann und die Kartenzustellung erschwinglich wurde, kamen die gedruckten Karten auf dem Markt.
Der pensionierte Wissenschaftler vergleicht die alten mit den aktuellen Karten: Den Satz «früher war alles anders» lässt er nicht gelten. Der Zweck der Karten war der gleiche wie heute. „Und auch vor über 100 Jahren waren die Gratulanten genauso schreibfaul wie heute“. In den meisten Karten stehen nur die Namen der Absender. Meist machten sich nur die Großeltern und Paten die Mühe, die Karten mit persönlichem Gruß oder einem Gedicht zu personalisieren.
Die frühen Karten waren eher bildlos und schlicht. Florale Prägungen und Engelszeichnungen lassen den Kenner wissen, diese Karte ist wertvoll. Ab den 1910er Jahren änderte sich die Mode: Karten mit Fotografien und Grafiken verdrängten die alten Motive. Zu sehen sind Konfirmandinnen in züchtig hochgeschlossenen Kleidern oder Konfirmanden im Anzug. Zusammen wurden Jungen und Mädchen auf den Karten aber nicht abgebildet. „Das war noch bis 1968 undenkbar», berichtet Dröge.
Auch an scheinbar unterschiedlichen Karten lassen sich Ähnlichkeiten finden. Dröge legt zwei Karten nebeneinander. Eine stammt aus dem Jahr 1910, die andere entstand 100 Jahre später.
Während auf dem historischen Bild in schwarz-weiß die junge Frau züchtig gekleidet ist und eine Bibel und einen Strauß in der Hand hält, feiert auf dem farbigen Foto von 2010 die junge Frau mit Tanzbewegungen. „Aber der Grundgedanke ist auch hier gleich“, erläutert Dröge mit einem Schmunzeln: „Gezeigt werden attraktive junge Frauen.“
Zu allen Zeiten waren die Karten auch ein Spiegel der Zeiten.
„Waren zu Beginn – aus heutiger Sicht – dem Kitsch keine Grenzen gesetzt, änderte sich das mit dem Ersten Weltkrieg“, sagt Dröge.
Danach werden die Karten deutlich schlichter. Ab den 1930er Jahren finden sich unter dem Einfluss des Nationalsozialismus immer mehr Karten mit Blumen. Auf religiöse Motive wurde verzichtet. In der Nachkriegszeit mussten die Menschen nehmen, was an Karten zu finden war. Danach blieb es lange Zeit schlicht. Erst in den 1970ern wurden die Karten wieder aufwendiger und bunter.
„Wo der Übergang vom Kitsch zu Kunst ist, lässt sich schwer entscheiden“, sagt der passionierte Sammler. Highlight der Ausstellung ist eine Karte aus dem Jahre 1909. Vorsichtig lässt sie sich zu einem dreidimensionalen Garten mit Zaun, Engel und entfalteter Blume aufziehen. Heutige Karten sind da schlichter. Der Trend geht wieder zurück zur Grafik mit stilisierten Elementen, wie dem Kelch oder Kreuz.
Zu den wertvollsten Karten in Dröges Sammlung gehört eine Glückwunschkarte in Form eines Papiertheaters. Sie ist vor 1905 entstanden, wie das „C“ in Confirmation auf dieser Karte belegt. In diesem Jahr gab es eine Rechtschreibreform und das „C“ musste bei der Konfirmation dem „K“ weichen. Entdeckt hat Dröge sie im Internet, doch die meisten Karten findet er auf Flohmärkten.
Der Kreis der Sammler und Jäger von Konfirmationskarten ist überschaubar. Kurt Dröge zählt zu den Experten. Doch wenn im Bekanntenkreis Konfirmationen anstehen, „dann muss meine Frau den Kartenkauf übernehmen“.
Ein Beitrag von Kerstin Kempermann (epd).
Source: Kirche-Oldenburg