Hannover (epd). Der Reformationstag am 31. Oktober soll nach dem Willen der niedersächsischen Landesregierung von diesem Jahr an neuer gesetzlicher Feiertag in dem Bundesland werden. Das Kabinett beschloss am Dienstag, einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen. Bei Religionsvertretern stieß die Entscheidung auf gemischte Reaktionen.
Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen begrüßten den Beschluss. «Sollte der Landtag dem zustimmen, werden die Kirchen der Konföderation die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie der Zivilgesellschaft suchen», teilten die Kirchen mit. Der Reformationstag als gesetzlicher Feiertag sei eine bleibende Herausforderung, alles zu tun, um gegenwärtige und zukünftige antisemitische Bestrebungen, Äußerungen und Handlungen zu ächten.
Die Landesregierung hatte bereits im vergangenen Jahr den Reformationstag als zusätzlichen Feiertag vorgeschlagen. Nach intensiven öffentlichen Diskussionen und auch Kritik an diesem Datum im März wurde aber zunächst eine Verbandsanhörung beschlossen. Insgesamt hatten sich 22 Institutionen mit Stellungnahmen beteiligt, hieß es. Aus den genannten Präferenzen sei kein einheitlicher Wille für oder gegen den Reformationstag oder für einen anderen Tag zu erkennen. Darum halte die Landesregierung an ihrem ursprünglichen Vorschlag fest.
Die Regierung habe sich dabei von der «protestantischen Prägung» Norddeutschlands leiten lassen. Die Beschlüsse der benachbarten Länder hätten eine Rolle gespielt, um eine «Insellösung» zu vermeiden, hieß es. Hamburg und Schleswig-Holstein haben den Reformationstag ab 2018 bereits zum gesetzlichen Feiertag erklärt. Auch in Bremen gibt es eine entsprechende parlamentarische Vorentscheidung. Die Bremer Bürgerschaft will mit einem Beschluss abwarten, wie Niedersachsen entscheidet.
Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden hatte bereits im Vorfeld Proteste angekündigt. Eine Entscheidung des Landes für den 31. Oktober wäre «eine Belastung und ein Affront» für das christlich-jüdische Verhältnis, sagte Präsident Michael Fürst. Er wies mehrfach auf die judenfeindlichen Ausfälle des Reformators Martin Luther (1483-1546) hin. Fürst erneuerte seine Kritik am Dienstag gegenüber epd und sagte, er halte der Begründung der Landesregierung für «vordergründig und fadenscheinig».
Auch der Vorsitzende des niedersächsischen Islamverbands Schura, Recep Bilgen, kritisierte den Beschluss. Die Reformation eigne sich kaum für einen Feiertag mit der Intention eines Brückenschlags zwischen den Religionen und der interreligiösen Zusammenarbeit: «Sie steht auch für Trennung und Abspaltung.»
Eine Entscheidung sei frühestens im Landtagsplenum Mitte Juni möglich, sagte ein Regierungssprecher dem epd. Der Gesetzentwurf gehe in der kommenden Woche zunächst in die erste Lesung und werde dann an die parlamentarischen Ausschüsse überwiesen. Die Abgeordneten bestimmten dann das Tempo. «Es gibt noch einen großen Bedarf an Beratung, so hört man.»
Am 31. Oktober erinnern Protestanten in aller Welt an den Beginn der Reformation. 1517 hatte Martin Luther seine 95 Thesen gegen die Missstände in der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der Reformationstag ist in den östlichen Bundesländern (in Thüringen nur in überwiegend evangelischen Gebieten), nicht aber in Berlin und im alten Bundesgebiet gesetzlicher Feiertag. 2017, zum 500. Jahrestag der Thesenveröffentlichung, war der 31. Oktober einmalig bundesweit arbeitsfrei.
Source: Kirche-Oldenburg