„Wie soll mein letztes Hemd aussehen?“ Mit dieser Frage haben sich Mitarbeitende des Ambulanten Hospizdienstes und Kinderhospizdienstes Oldenburg intensiv auseinandergesetzt. Das Ergebnis ist beeindruckend und auch sehr berührend: Textildarstellungen, Fotos, Texte und Installationen, jedes einzelne Ausstellungsteil ist individuell und verbirgt eine Geschichte.

Renate Lohmann, Leiterin des Ambulanten Hospizdienstes und Initiatorin der Ausstellung bedankte sich bei der Ausstellungseröffnung für die Offenheit der Mitwirkenden. „Seit Anfang August dieses Jahres haben sich  fast 20 Haupt- und Ehrenamtliche mit dem Projekt beschäftigt", sagte Lohmann und hob hervor, dass die Ausstellungstücke ohne jegliche Vorgaben „ergebnisoffen" entstanden seien. In zwei Gruppen seien die Frauen und Männer durch die Textildesignerin Sabine Schimmering begleitet worden.

Die vielseitigen Darstellungen zeigen, wie individuell die Mitwirkenden damit umgegangen sind. Ausgestellt sind zum Beispiel: Ein genähtes Herz, ein Schultertuch, Hemden mit gefüllten Taschen, aber auch ein Hemd mit zugenähter Tasche und dem bekannten Hinweis: „Das letzte Hemd hat keine Taschen."

Für eine Mitwirkende war nicht die Kleidung wichtig, sondern allein der Ehering, den sie ihrem verstorbenen Mann mit in den Sarg gab. Eine weitere Frau verarbeitete mit ihrer Darstellung den Tod ihres viel zu früh geborenen Kindes. Andere Mitwirkenden präsentierten Texte und Installationen, in denen das Thema „Mein letztes Hemd" dargestellt ist.

Lucia Loimayer-Wieland sagte, dass sie mit diesem Projekt eine Idee umgesetzt habe, die sie schon sehr lange mit sich getragen hatte: „Das befriedet mein Leben total, jetzt wo es fertig ist", sagt die Koordination des Kinder Hospizdienstes, zuständig für Trauerarbeit. Sie hatte einen Holzsarg bunt bemalt, Bekleidung und Stiefel dazu gewählt und erläuterte allen Interessierten ihre Gedanken.  

Über 70 Besuchende kamen zur Ausstellungseröffnung. Zu Beginn berichtete die Gastrednerin Dr. phil. Traute Helmers über die Entwicklung der Totenkleider und ihre  Veränderungen. Die Forschungsinteressen der Kulturwissenschaftlerin gelten der Kultur in alltagsweltlicher Praxis zu Tod, Geschlecht, Trauer und Erinnerung.

Sie berichtete, dass im 12. Jahrhundert die Toten von Kopf bis Fuß in Leinentücher eingewickelt waren, „in weiße Tücher, in dem Glauben, vor einen unbarmherzigen Gott zu treten." Jahre später wurde es bunt und die reichen Menschen seien in kostbaren Tüchern und Prachtgewändern aufgebahrt und bestattet worden, wie Helmers auf Bildern zeigte.

„Immer wieder änderten sich die Bräuche. Nach einem Gesetz im Jahr 1900 durch die Textilindustrie nimmt die Kommerzialisierung ihren Lauf. Der Sarg wird ausstaffiert, die Kleidung war weiß, so dass die Toten einen Dornröschenschlaf ähnlich aufgebahrt wurden. Ein Bild zeigte, dass 1815 Tote mit ihrer Familie zusammen fotografiert wurden, bekleidet und lebendig aussehend.

Die beiden Weltkriege veränderten den Totenkult des 20. Jahrhunderts, erklärte die Expertin. Seit den 80er Jahren gäbe es eine breite Palette an Möglichkeiten der Bestattung. „Totenbekleidung zeigt die Vorstellungen vom Leben und von der Tradition, zeigt, wie Menschen im Leben wohnen. Das letzte Hemd könnte das Fremde des Toten nehmen."

Die Ausstellung „Mein letztes Hemd" kann bis zum 27. November täglich von montags bis freitags zwischen 9 und 12 Uhr in den Räumen des Ambulanten Hospizdienstes Oldenburg, an der Haareneschstraße 62, besichtigt werden. Andere Zeiten können abgesprochen werden, Gruppen sollten sich vorher bitte anmelden.

Informationen und Anmeldung:
Stiftung Evangelischer Hospizdienst Oldenburg
Haareneschstraße 62, 26121 Oldenburg
Telefon: 0441 – 770 346-0
E-Mail: info@hospizdienst-oldenburg.de

Bärbel Romey
Source: Kirche-Oldenburg