Vor dem Hintergrund, dass am kommenden Montag, 22. Juni, die Kinderbetreuungseinrichtungen in Niedersachsen wieder öffnen, wird über vieles gesprochen: Hygienemaßnahmen, Gruppengrößen, Betreuung mit ungeschulten Zusatzkräften. „Aber niemand spricht über die Kinder“, ärgert sich Frauke Schmidt von der Fachstelle Kindergartenarbeit der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg. Dabei haben auch die Kinder sehr unter den Veränderungen und Einschränkungen in den letzten Monaten sehr gelitten. Dennoch hätten sie die Situation großartig gemeistert, sind sich Schmidt und die beiden Kita-Leiterinnen Johanna Wenzel (Kita Spurenleger, Oldenburg-Ofenerdiek) und Gunda Otten (Kita Schützenweg, Oldenburg-Wechloy) einig.
 

Die Kinder machen das ganz toll

„Kinder sind die kooperativsten Menschen überhaupt“, sagt Johanna Wenzel. Eine Gruppe möchte auf den Kletterturm, den gerade eine Gruppe andere besetzt hat? Dann wird ausgehandelt, wann ein Wechsel stattfinden kann. „Das machen die Kinder untereinander – wir halten uns da weitgehend raus, weil es gut funktioniert“, beschreibt Gunda Otten. Gleichzeitig betont sie, wie wichtig es sei, die Kinder zu beteiligen. „Wir haben sie in die Abläufe eingebunden und davon profitiert – oft kamen von den Kleinen die besten Ideen.“ Auch das sei, so Frauke Schmidt, ein wichtiger Part von Bildung, die den Kitas durch die Notbetreuung oft abgesprochen werde. „Wir sind Profis in der Kinderbetreuung, und das zahlt sich in solchen Momenten aus.“ Die Ratlosigkeit sei anfangs groß gewesen, räumt Gunda Otten ein. „Doch wenn wir uns im Kollegenkreis darüber unterhalten haben, schwang immer ein großes ‚Aber‘ mit: Aber die Kinder machen das ganz toll.“
  
Es wird funktionieren

Eine vollständige Rückkehr zur Normalität wird es aber auch nach der Öffnung am 22. Juni noch nicht geben. Mindestabstände und Hygienemaßnahmen müssen weiterhin eingehalten werden. Doch das pädagogische Team ist überzeugt, dass es funktionieren wird, denn: „Wir haben erlebt, dass die Kinder keine der Maßnahmen infrage gestellt haben – einfach, weil sie uns vertrauen.“ Beinahe gerührt schildern die Erzieherinnen, wie die Kleinen nach und nach zurück in die Kitas kamen. „Sie haben stolz erzählt, dass sie gewachsen sind, oder den anderen ihren ersten Wackelzahn gezeigt.“ Selten sei es so klar geworden wie in diesen Situationen, wie wichtig Kindern ihre Freundinnen und Freunde sind.
  
„Eine leere Kita ist etwas ganz Seltsames“

„Es ist gut, dass nun allen Eltern wieder ermöglicht werden kann, ihre Kinder zu bringen“, findet Gunda Otten. Manche Kinder, erzählt sie, haben schon befürchtet, „vergessen“ worden zu sein, weil ihre Freunde bereits zurück im Kita-Alltag sind. „Eine leere Kita ist etwas ganz Seltsames“, setzt Johanna Wenzel hinzu.
 
Der Kita verbunden waren Kinder und Eltern auch während der Notbetreuung. Die Außenfassade wurde geschmückt, die Erzieherinnen mit selbstgemalten Mandalas und mit kleinen Briefen überrascht. „Einigen Kindern ist es allerdings so schwergefallen, ihren Tag nicht hier verbringen zu können, dass sie es nicht übers Herz gebracht haben, aufs Gelände zu kommen“, erzählt Johanna Wenzel. Für sie ein deutliches Zeichen, wie sehr die regelmäßige Betreuung längst zum Alltag der Kleinen gehört. „Die Gesellschaft hat sich verändert, wir sind ein wichtiger Teil im Leben der Kinder.“
 

Tragfähig: Auf Vertrauen und Bindungen zu setzen

Wenn es noch einmal zu einer ähnlichen Situation käme wie dem Lockdown: Was sollte dann aus Sicht der Kita-Leiterinnen besser laufen? Da müssen beide nicht lange überlegen. „Die Kommunikation mit den Eltern“, sagen sie. So ließen sich Unsicherheiten über unterschiedliche Informationen vermeiden. Insbesondere mit jenen Eltern, die den Kontakt zur Kita nicht selbst suchen, müsse man in Verbindung bleiben. Frauke Schmidt zieht eine positive Bilanz aus der ersten Zeit: „Wir mussten die Pädagogik nicht neu erfinden, sondern haben erlebt, dass unsere Grundhaltung, auf Vertrauen und Bindungen zu setzen, trägt.“
 
Für einige ein Neustart

Die Kinder nicht nach Kategorien wie „systemrelevante Berufe der Eltern“ zu sortieren, sondern die Erzieherinnen in die Auswahl miteinzubeziehen, regt Johanna Wenzel an. „Es war für einige Kinder – gerade für jene mit besonderem Förderbedarf – nicht gut, so lange zu Hause zu sein.“ Am Montag nun werden viele ihre Freundinnen und Freunde, die vertrauten Erzieherinnen und Erzieher sowie die Lieblingsspielsachen wieder begrüßen dürfen. Für einige der kleinen Schützlinge allerdings wird es wie ein Neustart sein, wissen die Pädagoginnen. „Da müssen wir erst einmal neue Brücken bauen und wieder Bindungen herstellen.“
 
Ein Beitrag von Anke Brockmeyer.

Source: Kirche-Oldenburg