Oldenburg (epd). Ehemalige Mitarbeiter des Klinikums Oldenburg müssen sich im Zusammenhang mit den Morden des früheren Krankenpflegers Niels Högel nur eingeschränkt vor Gericht verantworten. Diese Entscheidung des Schwurgerichts beim Landgericht Oldenburg hat das Oberlandesgericht Oldenburg nun bestätigt. Damit wurden Beschwerden von Staatsanwaltschaft und Nebenklage zurückgewiesen, wie das Gericht am Dienstag mitteilte. (Az.: 1 Ws 190/21)
Nach der Verurteilung des früheren Krankenpflegers Niels Högel zu lebenslanger Haft hatte die Staatsanwaltschaft Oldenburg im September 2019 Anklage gegen mehrere teils ehemalige Mitarbeiter des Oldenburger Klinikums erhoben. Die Anklage warf ihnen mit Blick auf drei Todesfälle im Klinikum Oldenburg und 60 Todesfälle im Klinikum Delmenhorst Totschlag durch Unterlassen vor. Das Schwurgericht hatte die Anklage aber nur im Zusammenhang mit den Todesfällen in Oldenburg zugelassen.
Dagegen hatten die Staatsanwaltschaft Oldenburg sowie mehrere Nebenkläger Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt, die nun abgewiesen wurde. Eine Strafbarkeit der Klinikmitarbeiter für die Fälle in Delmenhorst komme nicht in Betracht, begründete der erste Strafsenat seine Entscheidung. Für die Mitarbeiter des Oldenburger Klinikums habe gegenüber den Patienten in Delmenhorst keine rechtliche Pflicht zum Handeln bestanden.
Die Klinikmitarbeiter hätten es zwar unterlassen, Verdachtsmomente gegen Niels Högel in das Arbeitszeugnis aufzunehmen. Ein Unterlassen sei aber nur dann strafbar, wenn es aktivem Tun gleichzustellen sei. An eine solche strafrechtliche Gleichstellung von Tun und Unterlassen seien hohe Anforderungen zu stellen, die hier nicht gegeben seien.
Högel war Anfang Juni 2019 wegen 85-fachen Mordes an Patienten in Oldenburg und Delmenhorst zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er hatte nach Überzeugung des Gerichts seine Patienten mit Medikamenten vergiftet, die zum Herzstillstand führten, um sie anschließend reanimieren zu können. So wollte er als Lebensretter glänzen. Im Mordprozess war deutlich geworden, dass die Vorgesetzten in Oldenburg nach einem Verdacht dem Pfleger die Kündigung nahegelegt hatten. Mit einem guten Zeugnis bewarb sich Högel dann erfolgreich in Delmenhorst.
Kirche-Oldenburg
Mordfall Högel: Nur eingeschränkte Anklage gegen Ex-Klinikmitarbeiter