Münster/Lüneburg (epd). Das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen hat die Klage von drei schwer erkrankten Menschen abgelehnt, die den Zugang zu einer tödlichen Dosis eines Betäubungsmittels verlangt hatten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn sei nicht verpflichtet, für eine Selbsttötung den Erwerb des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zu erlauben, urteilte das Gericht in Münster am Mittwoch nach mündlicher Verhandlung. Zu den Klägern gehörte auch ein 77-jähriger Mann aus dem Landkreis Lüneburg (AZ: 9 A 148/21) Die Stiftung Patientenschutz begrüßte die Entscheidung.

 

Einem Erwerb von Natrium-Pentobarbital in einer tödlichen Dosis stehe das Betäubungsmittelgesetz entgegen, erklärte das Gericht. Zwar sei es zweifelhaft, ob das im Betäubungsmittelgesetz enthaltene generelle Verbot mit dem Grundgesetz vereinbar sei, führte Richterin Gudrun Dahme aus. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei ein solches Verbot jedoch kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht. Ärzte könnten zudem nach entsprechender Abänderung der Berufsordnungen ebenfalls entsprechende Medikamente verschreiben.

 

Der Mann aus dem Landkreis Lüneburg leidet den Gerichtsangaben zufolge an Krebs und einer Herzerkrankung. Ein weiterer Kläger kam aus Rheinland-Pfalz, er leidet unter Multipler Sklerose. Die dritte Klägerin kam aus Baden-Württemberg. Weil das Bundesinstitut seinen Sitz in Nordrhein-Westfalen hat, verhandelte das Oberverwaltungsgericht Münster über die Klage. Die Klagen gegen die Ablehnung der Arzneimittelbehörde hatte bereits das Verwaltungsgericht Köln im Jahr 2019 in erster Instanz zurückgewiesen.

 

Das Oberverwaltungsgericht räumte die Möglichkeit einer Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein. Ein solcher Schritt koste jedoch Zeit, sagte der Anwalt der Kläger, Robert Roßbruch: «Zeit, die meine Mandanten nicht haben.» Er habe das Verfahren mit sieben Klägern angefangen, davon seien jetzt noch drei übrig.

 

Eine der Klägerinnen, die an Krebs erkrankt ist, konnte nach Angaben der Richterin nicht mehr an der Verhandlung teilnehmen, weil sie im Sterben liege. Roßbruch sagte, noch immer sei es schwer, Ärzte zu finden, die bereit seien, Suizidwillige auf ihrem Weg zu begleiten. Der Anwalt ist auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben.

 

Die Stiftung Patientenschutz erklärte, es sei gut, dass der Gesetzgeber nicht gezwungen werden könne, das klare Verbot der Abgabe von Tötungsmitteln aufzuweichen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sei somit nicht verpflichtet, die Ausgabe von Suizidpräparaten zu genehmigen, sagte Vorstand Eugen Brysch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Schließlich sei mit dem Aufheben des Verbots der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung durch das Bundesverfassungsgericht eine neue Lage entstanden. Im Lichte dieser Entwicklung sollte sich der Bundestag bei einer möglichen Änderung der Gesetzgebung nicht der Eile, sondern der Qualität verpflichten, mahnte Brysch.

 

Im Februar 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der «geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung» aufgehoben. Die Karlsruher Richter begründeten die Entscheidung mit dem Selbstbestimmungsrecht. Das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben schließt demnach auch eine mögliche Hilfe Dritter ein. Der Paragraf 217 des Strafgesetzbuchs muss nun neu gefasst werden.

Kirche-Oldenburg
Oberverwaltungsgericht weist Klagen zum Recht auf Selbsttötung ab – Mann aus Kreis Lüneburg wollte Gabe von Betäubungsmittel erstreiten