Hannover/Köln (epd). Der Personalnotstand in der Pflege bleibt aus Sicht des Pflegeexperten Burkhardt Zieger auch in Zeiten von Corona eine zentrale Herausforderung. Die Ausgangssituation sei schon vor der Corona-Pandemie von Personalnot geprägt gewesen, betonte der ehemalige Vorsitzende des Niedersächsischen Pflegerates und Geschäftsführer des Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe Nordwest am Mittwoch im WDR5-«Morgenecho». Nun komme das Pandemie-Geschehen noch oben drauf.

Beim derzeitigen Fokus auf den Aufbau von Intensivbehandlungskapazitäten in Krankenhäusern sei der ambulante Pflegesektor und die stationäre Altenpflege aus dem Blick geraten, kritisierte Zieger. «Und dort ist im Moment tatsächlich mit der Entwicklung der Neuinfektionen in Deutschland die Not größer über die Fläche betrachtet als zum Beispiel in Krankenhäusern.»

Zieger mahnte, die Frage der Personalausstattung in der Alten- und Gesundheitspflege gerade in der aktuellen Krisensituation nicht aus dem Blick zu verlieren. «Wir reden darüber, dass Intensivkapazitäten geschaffen sind, um einer eventuell doch auf uns zukommenden Pandemie-Welle Rechnung tragen zu können. Aber wir haben überhaupt nicht das Personal dafür.» Und es werde eine Zeit der Pflege nach Corona geben. Dann müsse sehr konzentriert darüber gesprochen werden, unter welchen Bedingungen Pflege in Deutschland geleistet werde und was geändert werden könne.

Aktuell stelle der Mangel an Schutzkleidung in der Pflege ein weiteres Problem dar. Die Ausstattung sei zwar besser geworden, sagte Zieger. «Aber es ist immer noch so, dass viel improvisiert wird, weil gerade in dem Bereich der stationären Langzeitpflege und in der ambulanten Pflege die Schutzkleidung sehr häufig gewechselt werden muss.»

Zudem stelle das Besuchsverbot in Pflegeheimen das Personal und die Bewohner vor große logistische und emotionale Herausforderungen, betonte Zieger. Anders als früher lebten überwiegend hochbetagte und bereits mehrfach erkrankte Menschen in den Einrichtungen. Am Ende ihres Lebens könne ihnen nicht immer die Begleitung gegeben werden, «wie wir das vielleicht auch von uns selbst erwarten». Dies sei für alle Seiten belastend. Menschen mit Demenz sei zudem nur schwer die Bedeutung des Abstandhaltens und das Ausbleiben von Besuchen zu vermitteln.

Mit Blick auf ambulante Pflegedienste gab der Pflegeexperte zudem die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu bedenken. Viele ambulante Dienste klagten derzeit über ein Wegbrechen von Kunden. Aus der Sorge vieler Pflegebedürftiger vor einer Ansteckung durch die Mitarbeiter der Pflegedienste würden Versorgungsverträge gekündigt.

Source: Kirche-Oldenburg