Der von Menschen verursachte Klimawandel ist eine wissenschaftlich belegte Tatsache. Die Politik muss gegensteuern. Bei der Tagung des Deutschen Ethikrates diskutierten Forscher über die Aufgaben und die Verantwortung der Wissenschaft.
Göttingen (epd). Müssen sich Klimaforscher noch energischer in die gesellschaftliche Debatte um die Klimawandel einmischen oder sollen sie sich auf das Fachliche beschränken? Bei der Herbsttagung des Deutschen Ethikrates am Mittwoch in Göttingen waren sich die Experten uneinig, wie aus wissenschaftlichen Erkenntnissen politische Forderungen und politisches Handeln entstehen können. Der Kongress stand unter dem Motto «Meinen-Glauben-Wissen: Klimawandel und die Ethik der Wissenschaften».
Unstrittig war, dass der Klimawandel durch menschliches Handeln verursacht und verstärkt wird. Neben der Evolutionstheorie sei kaum etwas so gut erforscht wie der Klimawandel, sagte der Vorsitzende des Ethikrates, Peter Dabrock. Das Vertrauen in die Wissenschaft bei diesem Thema sei groß, aber immer auch prekär. Eine Gefahr liege dort vor, «wo Meinen und Glauben als Wissenschaft ausgegeben werden.» Die zweite Gefahr bestehe, wenn Wissenschaft als Sicherheit ausgegeben werde und einen dogmatischen Charakter bekomme. «Wissenschaft muss sich immer neu beweisen», sagte Dabrock.
Nach Ansicht der Bremer Professorin für Mikrobiologie und Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Meeres- und Polarforschung, Antje Boetius, muss die Wissenschaft als Konsequenz aus ihrer Arbeit auch politische Forderungen formulieren. Die Wissenschaftler hätten auch schon in der Vergangenheit Empfehlungen abgegeben, wie Klimaziele eingehalten werden könnten, die Politik habe diese aber «nicht so aufgegriffen».
Die Empfehlungen müssten so gestaltet sein, dass sie überhaupt erst ankommen, sagte Boetius: «Wir müssen Bilder schaffen, Informationen einordnen, vereinfachen, übersetzen». Dabei könne es nicht Aufgabe der Wissenschaft sein, alle zu überzeugen. «Wir können nicht darauf warten, dass Wissen noch sicherer ist.»
Der Hamburger Klimaforscher Hans von Storch beklagte dagegen, dass der Wissenschaft in der gesellschaftlichen Debatte um die Klimakrise immer häufiger das letzte Wort zugesprochen werde. Dies entwissenschaftliche die Wissenschaft und entpolitisiere die Politik, sagte Storch: «Wissenschaft und Politik nähern sich immer weiter an und verlieren dadurch ihre jeweiligen Stärken.»
Die Wissenschaft und die Wissenschaftler sollten sich auf ihre Fachperspektive beschränken, verlangte Storch. Sie sollten die «Rolle des ehrliches Maklers» annehmen, sich in ihre Büros zurückziehen und die Politik beraten, aber nicht selbst Politik machen. «Gute Wissenschaftler sind Fachidioten», fügte er hinzu. Storch ist Professor an der Universität Hamburg und Gastprofessor an der Ozean Universität von China in Qingdao. Bis 2015 leitete er das Institut für Küstenforschung des Helmholtz Zentrums Geesthacht.
Source: Kirche-Oldenburg