Mit der Eröffnung der Sonderausstellung unter dem Titel „Radikal angepasst – Erste Täufer in der Herrlichkeit Gödens“ wurde jetzt die Saison im Museum im Landrichterhaus in Neustadtgödens, Landkreis Friesland eröffnet. Die Ausstellung, die am 23.März eröffnet wurde, ist zugleich Teil der Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum, die in dem Ort stattfinden.

Aus Platzgründen wurden die Besucherinnen und Besucher zunächst in der evangelisch-lutherischen Kirche empfangen. Hier begrüßten Pastorin Kerstin Tiemann und Sandes Bürgermeister Stephan Eiklenborg neben zahlreichen Besuchern Prof. Dr. Antje Sander vom Zweckverband Schlossmuseum, dem auch das Landrichterhaus in Neustadtgödens angegliedert ist. Weiterhin begrüßten sie den Kurator der neuen Sonderausstellung Stephan Horschitz, außerdem den Schirmherrn der Ausstellung Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr, der auch die Festrede hielt.

Grußworte gab es von Dr. Michael Brandt von der Oldenburgischen Landschaft und von Frieslands Landrat Sven Ambrosy. Die Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjahr Prof. Dr. Margot Käßmann hatte der Gemeinde schriftlich ein Grußwort zukommen lassen.

Mit den verschiedenen Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum brauche sich Ost-Friesland und erst recht Neustadtgödens nicht hinter Wittenberg als Mittelpunkt der Aktivitäten verstecken, sagte Tiemann. Eine Einführung in die Ausstellung gaben Prof. Dr. Antje Sander und Stephan Horschitz. Sander berichtete von einer Vielfalt von Ausprägungen der Reformation, die es auf der Ost-Friesischen Halbinsel gebe. Dass es hier keine größeren religiös begründeten bewaffneten Konflikte gegeben habe, sei ursprünglich in der großen Vielfalt der Bekenntnisse in den Herrscherhäusern begründet. Deshalb sei Neustadtgödens und die Region auch zu einer Zuflucht für viele geworden, die aufgrund ihres Glaubens von woanders flüchten mussten.

Horschitz forderte die Besucherinnen und Besucher auf, sich selber ein Bild von den Gründen zu machen, die dazu führten, dass sich die Täufer gerade in der Herrlichkeit Gödens eine Zuflucht suchten. Ob es willkommene Kontakte, wirtschaftliche Motive oder religiöse Gründe waren, sei nicht genau auszumachen. Tatsache ist jedoch, dass unter anderem Hinrich Krechting und Wolter Schemering, zwei bekannte Männer in der Täuferbewegung, die ursprünglich in Münster ihre Hochburg hatte, in der Herrlichkeit Gödens eine neue Heimat fanden, nachdem sie aus Münster fliehen mussten. Die Historie wird in der Ausstellung dargestellt.

Klahr lobte die Ökumene, die sich gerade zu diesem Reformationsjubiläum sehr stark zeige. Man werde sich in 100 Jahren an dieses Jubiläum als Jubiläum der Ökumene erinnern. Er warb dafür, noch weitere Religionen zu integrieren, so dass ein friedliches Zusammenleben in Europa gelinge. Weniger Angst vor dem Verlust des eigenen Profils und viel mehr Offenheit, den anderen als bereichernde Vielfalt zu erkennen, sei der Weg.

Dass es in Neutadtgödens zwischen den Jahren 1600 und 1800 viele verschiedene Gotteshäuser gegeben habe, weil die Religionen friedlich miteinander auskamen, sei ein Musterbespiel für neuzeitliches Zusammenwirken und –leben.

Ambrosy erklärte, es habe 500 Jahre gebraucht, bis bei einem Reformationsjubiläum eher das Verbindende als das Trennende der Konfessionen in den Mittelpunkt gerückt sei. Er warnte, wachsam zu sein, dass nicht wieder Menschen die Macht ergriffen, die auf Abgrenzung statt auf Integration setzten. „Wo Toleranz herrscht, kann man Wertschätzung, blühende Kultur und Frieden erleben – das kann man an einem Ort wie Neustadtgödens zeigen“, so der Landrat. Im Grußwort von Käßmann hieß es, „wo das Zusammenleben gelingt, wird Vielfalt zur kreativen Kraft.“

Beim anschließenden Rundgang durch die Ausstellung im Landrichterhaus konnten sich die Besucherinnen und Besucher einen ersten Eindruck verschaffen. Das Landrichterhaus ist bis Ende Oktober wieder dienstags bis freitags von 14 bis 17 Uhr geöffnet, am Wochenende und feiertags von 10 bis 18 Uhr. Weiterhin wurde eine neue Gästeführung entwickelt. Werner Kleinschmidt als Hinrich Krechting, ein bekannter Täuferführer, berichtete aus seiner Sicht.

Landrichterhaus, Brückstraße 19 in 26452 Sande-Neustadtgödens; Informationen zu Führungen unter Telefon 04422 / 958835 (Rathaus Sande)

Ein Beitrag von Annette Kellin  

Source: Kirche-Oldenburg