Zum Thema „Reformationsjubiläum – und jetzt?“ hatten das Bildungswerk Essen und die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde am Mittwoch, 21. Februar, ins Essener Gemeindehaus eingeladen. Referenten waren Pfarrer Dr. Marc Röbel (Geistlicher Leiter der katholischen Akademie  in Stapelfeld) und Kreispfarrer Michael Braun (Kreispfarrer des Kirchenkreises Oldenburger Münsterland).

Beide Referenten hoben positiv hervor, dass das Jubiläumsjahr geprägt gewesen sei von ökumenischen Begegnungen und Veranstaltungen. So erinnerten beide an das Bischofsgespräch mit Weihbischof Theising und Bischof Jan Janssen in der Akademie in Stapelfeld.

Pfarrer Dr. Röbel führte aus, dass beide Kirchen sich in einer lauten, geschäftigen Welt befänden. In dieser Welt zähle nur noch, was sich berechnen, beweisen und bezahlen lasse.  Dies sei der Boden für Gläubige und Nichtgläubige. Auch die Nichtgläubigen stellten Fragen nach dem Sinn des Lebens. Die Grundfragen der Menschen seien dabei: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was ist der Sinn des Lebens?

Menschen könnten aus der Kirche austreten, sich vor den Fragen nach Gott drücken, so Röbel. Der Liebe aber könnten sie nur schwer ausweichen, dem Tod schon gar nicht. Die Kirchen sollten nicht auf Fragen antworten, die keiner hören möchte, sondern auf die Fragen der Menschen vor der Kirchentür. Das Wort Gottes sei die Brücke zu den Fragen der Menschen.

Dabei gewinne auch das Gespräch über die Taufe eine neue Qualität der Tiefe: Die Taufe bedeute, so Röbel, mit Jesus in die Tiefe zu gehen. In der Taufe erfahren Menschen die tiefe Liebe Gottes.

Außerdem sollten die Kirchen wieder Stille lernen, damit die Menschen zu sich selbst kommen können. Eine Möglichkeit, der Stille Raum zu geben, sei das Gebet, betonte Röbel.

Kreispfarrer Michael Braun betonte, dass das Reformationsjahr, bezogen auf die Fülle der Veranstaltungen, kein Jahr der Stille gewesen sei. Gut sei gewesen, dass die Kirchen es ökumenisch erleben durften.

Beide Kirchen stünden vor großen Umbrüchen. Alt bekannte Strukturen existierten nicht mehr. Im Mittelalter sei ein Pfarrer für 100 Einwohnerinnen und Einwohner zuständig gewesen. Heute sei die Kirche zweitgrößter Arbeitgeber in Deutschland. Dennoch werde in vielen Familien nicht mehr über den Glauben gesprochen. Allein der Glaube sei aber der Weg der Menschen, zu Gott zu finden. Mit dieser Erkenntnis habe Martin Luther damals in der katholischen Kirche für große Unruhe gesorgt, so Braun.
 
Das Reformationsjubiläum hat laut Kreispfarrer Braun gezeigt, dass beide Kirchen Suchende sind, dass sie Fragen haben. So sei es Aufgabe der Kirchen, die Menschen immer wieder einzuladen, sich gemeinsam auf die Suche nach Gott zu machen, die Unsicherheiten der Menschen ernst zu nehmen, Antworten  zu finden und offen das Gespräch über Erfahrungen mit Gott zu führen.

In engagierten Gesprächen, die von Gemeindepfarrerin Eva Hachmeister-Uecker moderiert wurden, diskutierten anschließend die Teilnehmenden mit den Referenten über ihre Vorträge. Dabei wurde von einigen Teilnehmenden beklagt, dass es noch kein gemeinsames Abendmahl beider Kirchen gäbe. Die Referenten ermutigten, sich über das Erreichte in der Ökumene zu freuen. Dass das Reformationsjubiläum ökumenisch gefeiert worden sei und dass diese ökumenische Diskussionsveranstaltung so einmütig habe stattfinden können, sei vor einigen Jahrzehnten noch undenkbar gewesen.  Wenn die Kirchen gemeinsam auf dem Weg blieben und gemeinsam in die Gesellschaft „vor der Kirchentür“ wirkten, dann würde sich alles Weitere finden.

Ein Beitrag von Pfarrer Michael Uecker.

Source: Kirche-Oldenburg