Zum diesjährigen Reformationstag haben die evangelischen Kirchen Vertreter der Judentums und der katholischen Kirche eingeladen. Der Tag wird erstmals als normaler Feiertag begangen. Künftig haben die Norddeutschen jedes Jahr am 31. Oktober frei.

Hannover/Bremen (epd). Die Menschen in Norddeutschland begehen am Mittwoch (31. Oktober) erstmals den Reformationstag als regulären gesetzlichen Feiertag. Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen wollen das Fest mit einer ganzen Palette von Aktionen mit Leben füllen, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressdienstes (epd) ergab. Im Zentrum stehen dabei der Dialog mit dem Judentum und das Gespräch zwischen Protestanten und Katholiken. Unterstützt werden sie unter anderem von Politprominenz und hochrangigen Vertretern anderer Konfessionen. Die Landtage von Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein hatten in der ersten Jahreshälfte beschlossen, den Tag zum arbeitsfreien Feiertag zu erheben.

Zentrale Veranstaltung der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen ist ein Empfang mit dem Würzburger Rechtsphilosophen Professor Horst Dreier, der am 31. Oktober in Hannover über die Religion im säkularen Staat spricht. In Niedersachsen und Bremen planen mehrere Hundert Gemeinden ökumenische Gottesdienste, Ausstellungen, Poetry-Slams oder Feste. Die hannoversche Landeskirche hat hierfür besondere Zuschüsse bereitgestellt.

Landesbischof Ralf Meister aus Hannover diskutiert bereits am Abend des 30. Oktober mit dem Rabbiner Gabor Lengyel in der Marktkirche über judenfeindliche Äußerungen des Reformators Martin Luther (1483-1546). Auch die Evangelisch-reformierte Kirche hat eine Rabbinerin zum Dialog eingeladen: Ulrike Offenberg spricht ebenfalls am Vorabend des Feiertags im Kloster Frenswegen bei Nordhorn über die heutigen Erwartungen von Jüdinnen und Juden an die christlichen Kirchen. Der reformierte Kirchenpräsident Martin Heimbucher hatte mehrfach betont, dass ihm der Dialog mit dem Judentum gerade in Bezug zum Reformationstag wichtig sei.

Die Kirchen reagieren damit auf die kontroverse Debatte um die Einführung des Reformationstages im Frühjahr. Vor allem die jüdischen Gemeinden hatten diesen Feiertag mit dem Hinweis auf Luthers Judenfeindlichkeit abgelehnt. Auch die katholische Kirche hatte gegen den Reformationstag votiert.

Dennoch begehen Protestanten und Katholiken den neuen Feiertag an vielen Orten gemeinsam. So wird im Braunschweiger Dom der neue katholische Bischof von Hildesheim, Heiner Wilmer, als Prediger in einem Festgottesdienst erwartet. Der evangelische Landesbischof Christoph Meyns sieht darin «ein wunderbares ökumenisches Zeichen», das das gute Miteinander der Christen in Niedersachsen unterstreiche. Im Anschluss soll ein Stadtrundgang zu Einrichtungen aus Wohlfahrtspflege und Diakonie «Schattenseiten und Lichtblicke» offenbaren.

In der oldenburgischen Kirche steht ebenfalls ein ökumenisches Fest im Mittelpunkt. In der Klosterkirche in Vechta trifft sich der neue Bischof Thomas Adomeit mit Vertretern mehrerer Religionsgemeinschaften.

Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) ist am Vorabend zu Gast in Stadthagen bei der Landeskirche Schaumburg-Lippe. Gemeinsam mit Landesbischof Karl-Hinrich Manzke gestaltet er in der St.-Martini-Kirche einen interreligiösen und interkulturellen Gottesdienst mit.

Die bremische Kirche feiert den Reformationstag auf Norddeutschlands größtem Volksfest, dem 983. Bremer Freimarkt: Ab 11 Uhr ist ein Gottesdienst im «Riverboat»-Festzelt mit Pastor Renke Brahms und Schaustellerpastorin Ingrid Witte geplant. Auf einer öffentlichen Kirchenbank mitten im Rummel sollen Pastorinnen und Pastoren im Gespräch mit Interessierten Rede und Antwort stehen. Zudem gibt es einen ökumenischen Festgottesdienst, einen Stadtrundgang zur Reformation, eine Weinstube und Psalmengesänge im Dom.

Der Reformationstag erinnert an die Veröffentlichung der 95 Thesen gegen Missstände in der mittelalterlichen Kirche durch Martin Luther. Mit dem Beschluss, den 31. Oktober zum Feiertag zu machen, wollten die norddeutschen Länderparlamente ein Ungleichgewicht gegenüber den süddeutschen Ländern beseitigen, die zum Teil erheblich mehr Feiertage haben. Zum 500. Jahrestag der Reformation am 31. Oktober 2017 war der Tag in ganz Deutschland bereits einmalig arbeitsfrei.

Source: Kirche-Oldenburg