Hannover/Bremen (epd). In Deutschland werden immer häufiger Volksbegehren gestartet. Im Jahr 2015 seien bundesweit 348 neue Verfahren gezählt worden, teilte der Verein «Mehr Demokratie» am Donnerstag bei der Vorstellung des Bürgerbegehrensberichts 2016 in Berlin mit. Das sei ein Jahresrekord seit der deutschen Vereinigung. Im Bundesländervergleich war Bayern 2015 mit 139 Verfahren Spitzenreiter bei der direkten Demokratie.
Niedersachsen landete mit 18 Verfahren auf dem sechsten Rang. Bremen kam mit zwei Verfahren auf den 13. Platz. Besonders wenig Bürgerbegehren gab es den Angaben zufolge im Saarland sowie in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz. Hier seien die Vorschriften besonders restriktiv.
Seit den 1990er Jahren seien in allen Bundesländern direktdemokratische Verfahren auf Gemeindeebene eingeführt worden, teilte der Verein mit. Zwischen 1956 bis 1990 gab es insgesamt 317 Verfahren – ein Wert, der heute pro Kalenderjahr erreicht werde.
Insgesamt gab es seit 1956, als in Baden-Württemberg der erste Volksentscheid auf Gemeindeebene beantragt wurde, in Deutschland 6.958 Verfahren auf Kommunalebene. Mit 5.788 Verfahren wurde die überwiegende Zahl von Bürgern initiiert, die übrigen kamen auf Initiative der Gemeinderäte zustande. In 3.491 Fällen kam es zum Bürgerentscheid. 2.434 Entscheide kamen durch Unterschriftensammlungen in Gang. Die Entwicklung zeige, dass der Druck wachse, Volksabstimmungen endlich auch auf Bundesebene einzuführen, betonte Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher von «Mehr Demokratie».
Gesamtspitzenreiter ist und bleibt Bayern. Knapp 40 Prozent und damit 2.727 aller Verfahren seit 1956 liefen dort. Daraus resultierten 1.651 Bürgerentscheide. Niedersachsen kommt auf dieser Liste mit 303 Verfahren, von denen 94 zu Bürgerentscheiden führten, auf dem siebten Platz. Bremen belegt mit neun Verfahren und einem Entscheid den letzten Platz. Als Grund für Bayerns Spitzenstellung nannte der Verein «besonders anwenderfreundliche Regelungen».
Fast 29 Prozent aller von den Bürgern initiierten Volksbegehren wurden laut «Mehr Demokratie» allerdings für unzulässig erklärt, unter anderem wegen verfehlter Unterschriftenquoren, Themenausschlüssen oder Formfehlern. In Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland lag der Anteil von als unzulässig erklärten Bürgerbegehren bei über 40 Prozent.
Niedersachsen plant für diesen Herbst eine Reform bei den Bürgerbegehren. So soll die Zahl der erforderlichen Unterschriften in großen Städten und Landkreisen leicht gesenkt werden. Auch Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Thüringen wollen die Regelungen bürgerfreundlicher gestalten.
Source: Kirche-Oldenburg