Hannover (epd). Aus Sicht des niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne (SPD) sind die Schulen in Niedersachsen gut für infektionssicheren Präsenzunterricht im neuen Schuljahr gerüstet. «Alles zusammengenommen haben wir ein enges Sicherheitsnetz an den Schulen», sagte der Minister am Mittwoch, einen Tag vor dem Schulbeginn, in Hannover. Dazu gehören regelmäßige Selbsttests, die Maskenpflicht, Lüftungskonzepte sowie Hygienepläne. Aus Sicht der Grünen greifen die die Maßnahmen zu kurz. Sie seien Gewähr, dass die Schulen sichere Orte bleiben, sollten die Inzidenzen im Winter wieder steigen. Zudem kritisierten sie den Lehrermangel.
Der Schulbetrieb im neuen Schuljahr soll nach dem vom Kultusministerium konzipierten Szenario A , das heißt in Präsenz anlaufen, teilte der Minister mit. Distanzlernen solle, so weit es geht, vermieden werden. An den ersten sieben Schultagen sollen sich Schüler und nicht vollständig geimpftes Schulpersonal täglich testen. Ab dem 13. September solle drei Mal pro Woche getestet werden. Durch Tests seien in der Vergangenheit rund 3.200 bestätigte Corona-Infektionen in Schulen registriert worden. Die schulpolitische Sprecherin und Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Julia Willie Hamburg, forderte, dass das Land auf Lolli-PCR-Pooling-Tests statt auf Schnelltestes setzen solle.
Durch vermehrte Testungen am Schuljahresanfang werde die ohnehin schon hohe Inzidenz unter den rund 1,1 Millionen Schülern des Landes vermutlich steigen. Entgegen der früheren Szenarien B und C sollen Schulklassen aber nicht mehr automatisch in Quarantäne geschickt werden, wenn dort Infektionen auftreten. Hierüber müssten die Gesundheitsämter von Fall zu Fall entscheiden.
Mit der «Richtlinie Lüften» stelle das Ministerium den Schulträgern zudem 20 Millionen Euro für die Anschaffung von Raumlufttechnik zur Verfügung. Zudem habe der Bund weiteres Geld für Lüftungstechnik bereitgestellt. Auf Niedersachsen entfallen aus dem Programm den Angaben nach weitere rund 19 Millionen für Kitas und Schulen. Es gebe jedoch noch keine landesweiten Erhebungen darüber, wie viele der rund 3.000 Schulen in Niedersachsen mit Lüftungstechnik ausgestattet worden sind, räumte Tonne ein.
Die Grünen im Landtag geht die Anschaffung von Raumlufttechnik nicht schnell genug. «Eine komplizierte und zu spät veröffentlichte Förderrichtlinie verhindert, dass Schulen zügig mit Luftfiltern und Lüftungsanlagen ausgestattet werden», sagte Hamburg. Während andere Länder die Schulen ausgestattet hätten, beginne in Niedersachsen erst die Bestellung.
In den zurückliegenden Wochen hatte es wiederholt Kritik an der Umsetzung der Lüftungsrichtlinie gegeben. Unter anderem hatte der Niedersächsische Städtetag bemängelt, dass die Ausrüstung der Schulen mit Luftfilteranlagen kaum vorankomme, weil das Land noch keine Förderrichtlinie auf den Weg gebracht habe.
Zum neuen Schuljahr stellte Minister Tonne außerdem das Aktionsprogramm «Startklar in die Zukunft» für Kinder, Jugendliche und ihre Familien vor. Land und Bund geben hierfür den Angaben nach 222 Millionen Euro. Davon sollen rund 190 Millionen Euro an die Schulen fließen. Mit dem Programm solle das soziale Lernen gestärkt, die Folgen der Corona-Zeit aufgearbeitet und Lernrückstände behoben werden.
Aus Sicht der Grünen drohen aufgrund hunderter unbesetzter Lehrerstellen dennoch Unterrichtsausfall und ein Mangel an Förder- und Unterstützungsangeboten. «Der Minister kann sich die Lehrkräfte nicht backen. Umso wichtiger wäre es, mit anderem Personal und Unterstützungsstrukturen den Mangel zu flankieren», sagte Hamburg. Notwendig seien etwa mehr Stunden für Sozialarbeit und multiprofessionelle Teams. Die Sommermonate seien nicht für eine gute Corona-Vorsorge genutzt worden. Das müsste jetzt nachgeholt werden, damit die Schulen auch in der kalten Jahreszeit sichere Orte blieben.
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