„Sehnsucht nach dem Anderswo“ war der Frauentag der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg am Samstag, 18. Juni, überschrieben, und rund 130 Frauen machten sich auf den Weg, um dieses Anderswo zu erleben. Nachdem die Hamburger Autorin Susanne Niemeyer mit ihrem Referat „Was nicht ist, aber sein könnte: Vom Möglichkeitssinn“ ins Thema eingeleitet hatte, näherten sich die Teilnehmerinnen in insgesamt acht Gruppenangeboten dem „Anderswo“ auf völlig unterschiedliche Weise.
Nicht immer nur nach dem zu sehen, was sein könnte, sondern im Hier und Jetzt das Schöne zu entdecken, dem Leben ganz bewusst durch die eigenen Gedanken neue Wendungen zu geben – das war einer der Hauptinhalte, die Susanne Niemeyer in ihrem Vortrag vermittelte. Der Regenbogen in einer Öllache, Scherben, die durch Sand und Wellen zu Glassteinen geworden sind – unzählige Dinge liegen im Auge des Betrachters. „Schönfärberei bedeutet, den geheimen Kern einer Sache zu entdecken“, so die Autorin. „Neugierig bleiben. Sich nicht blenden lassen, schon gar nicht davon, wie etwas zu sein hat.“ Die Sehnsucht nach dem Anderswo sei häufig die Sehnsucht nach dem Anderswie. Doch das Wort sei ungewohnt. „Vielleicht, weil es einfacher ist, den Ort zu wechseln, als ihn zu verändern. Außerdem könnte es sein, dass man sich selbst gleich mitverändern muss.“
An diesem neunten Frauentag jedenfalls stürzten sich die Frauen mit viel Freude und Feuereifer in neue Gedanken, Perspektiven, Aktionen. Die Bibelwerkstatt „Und manchmal kommt es anders …“, das Gedankenspiel „Sehnsucht nach dem Anderswo“, die gemeinsame Gestaltung eines Sandmandalas, das Gespräch über die Zukunftshoffnungen asylsuchender Menschen, die Schreibwerkstatt, der Singraum, der Umgang mit Gedichten zum Anderswo und der Spirituelle Spaziergang „Wechselnde Pfade“ machten das Kulturzentrum PFL und die benachbarte Peterskirche zum Zentrum außergewöhnlicher Kreativität.
Oft ist es die Perspektive, die verändert werden muss, um jemand anders Verständnis entgegenzubringen. Das wurde im Kurs von Zohreh Roushanpour von der Flüchtlingsberatung des Diakonischen Werkes in Delmenhorst deutlich: „Eine Flucht, ein Losgehen ist immer mit einer Hoffnung verbunden“, betonte sie. In ihrer Runde hatten sich viele Frauen zusammengefunden, die sich derzeit in der Flüchtlingshilfe engagieren, aber auch andere, die selbst als Kinder nach Kriegsende aus dem Osten geflohen sind und diese Erlebnisse tief verinnerlicht haben. Und auch von ihren eigenen Erlebnissen berichtete Roushanpour, die vor 25 Jahren aus dem Iran nach Deutschland kam. Ergänzt wurde dieses Thema von einer kleinen Fotoausstellung mit Portraits junger Flüchtlinge, ihrer Träume und Zukunftsperspektiven.
Auf eine gedankliche Reise auf eine Insel machten sich die Teilnehmerinnen des Kurses „Sehnsucht nach dem Anderswo“. Welche Erwartungen hat man vor einer solchen Reise, welche können erfüllt werden, welche werden enttäuscht? Eine konkrete Reise – wenn auch nicht auf eine ferne Insel, sondern nur innerhalb Oldenburgs – unternahmen die Teilnehmerinnen des Spirituellen Spaziergangs. An verschiedene Stationen inspirierten Texte und Gedanken zum Weg, wurde über Kreuzungen des Lebens, Irrwege und Ziele philosophiert. Sich einlassen, offen sein für das, was sich entwickelt und nicht durch Erwartungshaltungen zu fixiert zu sein, war eine Aussage, der sich die Teilnehmerinnen des Kurses „Und manchmal kommt es anders …“ näherten.
Zum neunten Mal hatte die Frauenarbeit der oldenburgischen Kirche den Frauentag ausgerichtet, der im zweijährigen Turnus stattfindet. „Es geht uns darum, inhaltlich zu arbeiten und dabei ein intensives Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln“, erklärte Dr. Andrea Schrimm-Heins, Leiterin der Ev. Frauenarbeit der oldenburgischen Kirche, die den Frauentag gemeinsam mit der Referentin für gemeindebezogene Frauenarbeit, Andrea Gärtig, und der Arbeitsgemeinschaft Frauenarbeit der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg organisiert hatte.
„Gleichzeitig ist dieser Tag auch eine wundervolle Gelegenheit, die Bandbreite der Frauenarbeit zu präsentieren.“ Wie gut der Frauentag angenommen wird, lässt sich nicht nur an der Teilnehmerinnenzahl, sondern auch am Feedback ablesen. „Viele der Frauen freuen sich schon weit im Voraus auf den nächsten Frauentag“, so Andrea Schrimm-Heins. 2018 ist es wieder soweit.
Hier finden Sie den vollständigen Wortlaut des Referats von Susanne Niemeyer im Format PDF. Mehr zu Susanne Niemeyer finden Sie unter: www.freudenwort.de
Ein Beitrag von Anke Brockmeyer.
Source: Kirche-Oldenburg