Alle Handlungsfelder werden einer Aufgaben- und Ausgabenkritik unterzogen
Die Synodalen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg haben auf ihrer Tagung vom 8. bis 10. Juni im Ev. Jugendheim Blockhaus Ahlhorn nach eingehender und kontroverser Debatte beschlossen, alle Handlungsfelder der oldenburgischen Kirche einer Aufgaben- und Ausgabenkritik zu unterziehen, da nur durch die Gesamtschau eine inhaltliche Abwägung und Beurteilung durch die Synode möglich sei. Weiterhin beauftragte die Synode den Oberkirchenrat, das System der Zuweisungen an Kirchengemeinden und Kirchenkreise weiter zu überprüfen auch hinsichtlich der Teilhabe an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Darüber hinaus soll eine konzeptionelle Neuausrichtung des Bauwesens entwickelt und das Liegenschaftsmanagement weiter professionalisiert werden.

Mit Blick auf den Prozess der Prioritätensetzung in der oldenburgischen Kirche betonte der Vorsitzende des Finanz- und Personalausschusses, Manfred Pfaus, dass es zentrale Aufgabe sei, Kosten und Erträge wieder in Übereinstimmung zu bringen. „Es ist ein schwieriger Prozess zu klären, an welchen Stellen wir verantwortlich verändernd eingreifen können. Es wird eine längere Zeit brauchen, bis wir zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen. Dazu müssen wir konkrete Beschlüsse fassen, zu dem was uns wichtig ist, darum werden wir in den kommenden Synodentagungen noch kräftig ringen.

Die Synodalen beschlossen weiterhin, dass auf Grundlage der im Werkstattbericht des Kollegiums zur Prioritätensetzung genannten Koordinaten ein Rahmenpfarrstellenplan auf der Basis der vorgelegten Personalzahlen bis 2030 erarbeitet und der Synode vorgelegt werden soll. Mit der Erarbeitung des Rahmenpfarrstellenplans wurde das Dezernat I beauftragt unter Beteiligung der Synode, der Pfarrervertretung und der Kirchenkreise. Der Entwurf soll in allen Synodalausschüssen beraten und der Synode zur Frühjahrstagung 2018 zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Die Synodalen beauftragten den Synodalausschuss für theologische und liturgische Fragen, Schöpfungsverantwortung, Mission und Ökumene, unter theologischen Gesichtspunkten Fragen nach einem zukünftigen Kirchenbild und Prioritätensetzung auszuloten und dem Gemeinsamen Kirchenausschuss etwaige Denkanregungen zur Einarbeitung zur Verfügung zu stellen.

Mit Blick auf die Vorschläge der Steuerungsgruppe „Oldenburger Ortsbestimmung 2.0“ für den Bereich Arbeit mit Kindern und Jugendlichen beschloss die Synode, dass es das Ziel dieses Prozesses sei, die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Gemeinden und Kirchenkreisen zu stärken und weiterzuentwickeln. Dazu bedürfe es einer ausgewogenen Struktur zwischen den Ebenen Kirchengemeinde, Kirchenkreis und Gesamtkirche. Hierzu soll der Kreisjugendausschuss (KJA) gestärkt werden. Er soll die inhaltlich-strategische Leitung des Kreisjugenddienstes ausüben und in sich die verschiedenen Ebenen der oldenburgischen Kirche vereinen. Weiterhin soll die Steuerungsgruppe ihre Beschlussvorschläge so bald wie möglich in Regionalkonferenzen / Kreissynoden vorstellen.

Niedersächsischer Ministerpräsident Stephan Weil besuchte Synodentagung
„Zunächst möchte ich einmal Danke sagen“, betonte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil in seinem Grußwort an die Synodalen der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg am Freitagvormittag, 9. Juni, im Ev. Jugendheim Blockhaus Ahlhorn. Niedersachsen sei ein Land, das in hohem Maße von den Kirchen geprägt wurde und wird. „Was hält unser Land zusammen? Da fällt mir sehr schnell die kirchlichen Aktivitäten ein“, so Stephan Weil. Als Beispiel nannte er den Herbst 2015, als der Staat hoffnungslos überfordert gewesen sei mit dem Flüchtlingszustrom. „Ich bin zutiefst dankbar dafür, dass viele tausende Menschen parat waren und bereit waren, mitzuhelfen. Auch sehr viele evangelische Christen haben damals ihren Teil dazu beigetragen. Das habe ich nicht vergessen.“

Wie in einem Brennglas spiegele sich darin das Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Der Staat gewähre Glaubensfreiheit; dies bedeute aber nicht, dass Staat und Kirche sich beziehungslos gegenüberstünden, ganz im Gegenteil. Beide hätten eine gemeinsame Wertebasis. So basierten die Postulate des Grundgesetzes – die Unantastbarkeit der Würde des Menschen, die Freiheit des Einzelnen, aber gleichzeitig die Bindung an die Gesellschaft – auf dem christlichen Menschenbild, wie es die Bibel beschreibe.

Der Staat sei für sein Funktionieren auf Verbündete in der Gesellschaft angewiesen, denn er könne zwar Gesetze erlassen, dem Einzelnen sein Verhalten aber nicht vorschreiben. „Dafür ist das Verhältnis von Kirche und Staat beispielhaft, ich halte es für eine der Säulen, auf denen unsere Gesellschaft steht“, so der Ministerpräsident. Die Kirchen seien – weit über die eigenen Mitglieder hinaus – nach wie vor Orientierungspunkte, die Menschen vertrauten ihnen bei der Frage danach, was gut und was richtig sei. Damit komme ihnen eine wichtige Rolle zu angesichts der tiefen Verunsicherung, die Globalisierung und Digitalisierung in unserer Gesellschaft ausgelöst hätten. „Wenn wir die Herausforderungen der nächsten Jahre bestehen wollen, brauchen wir Orientierung und Zusammenhalt. Ich möchte den Kirchen zurufen: Ihr seid der Kitt der Gesellschaft, auch an Euch wird es liegen, dass dieses gelingt“, sagte Stephan Weil.

Schwerpunktthema: „Bildungshandeln der Kirche – evangelische Bildung“
„Bildung“ – dieses Thema hatte die Synode bei ihrer Frühjahrstagung im vergangenen Jahr zum Jahresthema 2017 bestimmt, mit der Vorgabe, dass auch die reformatorischen Glaubensinhalte als Bedingung des ev. Bildungsauftrags berücksichtigt werden sollten. Der Fokus richtete sich nicht auf einzelne Einrichtungen, sondern stärker auf Querschnittsthemen bzw. Bereiche ev. Bildungshandelns. Beim Themennachmittag ging es daher weniger um eine Leistungsschau, sondern vielmehr um die Möglichkeit des Diskurses auf fachlich-thematischer Ebene.

Im Rahmen des Themennachmittags gab es folgende Workshops: „Was habe ich davon“ – Ehrenamtskultur; Kinder- und Jugendarbeit – Teilhabe und digitale Medien; „Wer ist eigentlich Gott?“ – Der evangelische Religionsunterricht; Bildung in den ersten Lebensjahren; Bildungsangebote in einer Kirchengemeinde – Musik sowie Ev. Akademie und Ev. Bildungshaus Rastede.

In seinem Referat zum Thema „Um des Menschen willen. Das Recht auf Bildung in Freiheit und Verantwortung.“ benannte Dr. Jörg Matzen, Vorsitzender des Niedersächsischen Landesverbandes der Heimvolkshochschulen, wesentliche Herausforderungen, denen sich evangelisches Bildungshandeln in unserer Gesellschaft gegenwärtig zu stellen habe. Bildung sei immer auch auf Gemeinschaft bezogen und befähige zur Übernahme von Verantwortung für sich selbst und für andere. Es sei ein Gebot der Gerechtigkeit, dass niemand von der Förderung seiner Talente und Gaben ausgeschlossen werden dürfe. Das müsse als Befähigungsgerechtigkeit und im politischen Diskurs als Bildungsgerechtigkeit verstanden werden. Bildung solle Menschen dazu befähigen, Subjekt ihrer eigenen Lebensgeschichte zu werden, indem sie ihre Begabungen zum Zuge bringen.

Es sein eine der großen Aufgaben der Zivilgesellschaft, der Kirchen und der Bildungsinstitutionen, dazu beizutragen, die inneren Regulierungskräfte, die „moralische Substanz“ des Einzelnen zu fördern und zu stärken. „Das gelinge umso besser, je mehr wir es schaffen, Demokratie als ‚Lebensform‘ erfahrbar werden zu lassen, im echten Dialog miteinander zu sein und Erfahrungsräume zu gestalten, in denen die Anerkennung der Würde des anderen, die Einzigartigkeit des von Gott geliebten Geschöpfes, nicht bloß als Gebot gelehrt, sondern als innere Bereicherung und Verpflichtung erlebt wird“, so Jörg Matzen.

Kirche stehe mittendrin in der Gesellschaft und vor deren Herausforderungen und Konflikten. Deshalb wünsche er sich, dass Bildung noch stärker im Zentrum kirchlichen Handelns positioniert werde und Kirche sich noch vernehmbarer in den öffentlichen Diskurs um Bildungsgerechtigkeit und gute Bildung einbringe, betonte Matzen. Manches könne und müsse die Kirche nicht in alleiniger Verantwortung schultern. Es gebe produktive Bündnisse, die in verschiedenen Sprachen unter dem gleichen Wertehimmel um des Menschen willen für gute Bildung sorgen.

Große Wertschätzung der kirchlichen Arbeit
Mit Blick auf das Jahresthema der Synodentagung „Bildungshandeln der Kirche – evangelische Bildung“ betonte Synodenpräsidentin Sabine Blütchen, dass der Besuch des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil die große Wertschätzung der kirchlichen Arbeit und vor allem der kirchlichen Mitarbeitenden zeige. Es sei ein „schönes Signal des Ministerpräsidenten“ an die Synode und an die kirchlichen haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden, die ihren Dienst in Kirche und Gesellschaft tun.

Bischof Jan Janssen sagte, dass Bildung immer auch eine Schnittmenge von Kirche und Gesellschaft sei. Das Referat von Herrn Matzen und das Grußwort des Ministerpräsidenten hätten gezeigt, dass Bildung ein „Übergangsfeld“ sei, „das beschreibt, was von uns erwartet wird und in dem unsere Aktivitäten auch gewürdigt werden.“ Der Ministerpräsident habe ein „Loblied auf das subsidiäre Prinzip gesungen“. Es habe Kirche als unabhängiges Gegenüber wahrgenommen und die gemeinsamen Aufgaben betont und eine Schnittmenge im Menschenbild beschrieben.

Die rund 60 Synodalen sowie Gäste und Mitarbeitende der oldenburgischen Kirche tagten von Donnerstag, 8. Juni, bis Samstag, 10. Juni, im Ev. Jugendheim Blockhaus Ahlhorn. Auf der Tagesordnung der Synodentagung standen der Bericht der Arbeitsgruppe zu Flüchtlingsfragen, die Beratungen zu verschiedenen Kirchengesetzen, die Berichte aus den Synodalausschüssen sowie weitere Berichte.

Weitere Informationen und Beschlüsse sowie Fotos zur Synodentagung finden Sie unter: www.kirche-oldenburg.de/kirche-gemeinden/synode/748-synode.html
Source: Kirche-Oldenburg